Obwohl dieser Winter bei uns in Berlin/Brandenburg fast ohne eine einzige Schneeflocke über die Bühne gegangen ist, habe ich seit dem letzten Spiel Anfang November (als ich die Mohnblumen fotografiert habe) keine einzige Runde mehr gespielt. Wie schon im vergangenen Jahr stand in den Wintermonaten die Reparatur der alten Knochen auf dem Programm: Shiazu, Akkupunktur, Triggerpunkt Behandlung und Faszientraining, sowie Massagen und private Trainerstunden im Sportstudio füllen den Terminkalender bis zum Anschlag, während der Pegelstand in der Geldbörse Woche für Woche sinkt, da die meisten der aufgezählten Therapien mein „Privatvergnügen“ sind. Ich habe es mir in den Kopf gesetzt, durch Bewegung Muskeln und Bindegewebe zu lockern und die schmerzhaften Verhärtungen aufzulösen. Ganz ohne Spritzen und Medizintechnik. Das heißt: Harte Arbeit!

Dass sich, wie im letzten Winter prognostiziert, die Schmerzen in der verhärteten Schulter von selbst in Luft auflösen würden, hatte sich nämlich als kompletter Unsinn erwiesen. Über die sommerlichen Golfmonate macht es nur leider überhaupt keinen Spaß, die Zeit mit Gymnastik und Black-Roll zu verschwenden…… Da heißt es Zähne zusammen beißen und ein freundliches Gesicht machen, obwohl der Rücken weh tut. Zur Strafe liege ich nun seit 3 Monaten täglich wie ein Maikäfer auf dem Rücken und trainiere langsame, weit ausholende Bewegungen mit Armen und Beinen, wenn ich mich nicht gerade jammernd auf einem kleinen, fiesen Gummiball oder der steinharten Rolle herumquäle. Irgendwo habe ich gelesen, dass sich nach 200 bis 300 Anwendungen die Verhärtungen im Fasziengewebe auflösen und die Muskeln wieder in alter Frische ihre Arbeit schmerzfrei erledigen würden. Da bin ich aber neugierig. Die halbe Strecke ist schon geschafft. Aber ich glaube, es gibt noch einen anderen Grund, warum ich seit 3 Monaten nicht auf mehr dem Golfplatz war: Ich weiß nämlich nicht, wie es weitergehen soll. Seit den Anfängen im Jahr 2004 bin ich zum ersten Mal ratlos.

Während all der vergangenen Jahre habe ich mich im Frühling immer wieder Hals über Kopf und zu 100 Prozent enthusiastisch in die neue Saison gestürzt. Und immer in der vollen Überzeugung, genau das Richtige zu tun und am Ende erfolgreich zu sein. Egal, ob es die Jahre mit den Trainern waren oder die letzten 3 Jahre, während der ich alleine und nur nach „Intuition“ geübt habe. Es ist ein Teil meines Charakters, dass ich immer vollkommen davon überzeugt bin, das Richtige zu tun und glaube, immer recht zu haben. ( Ich bin kein Mensch mit großen Selbstzweifeln) Aber im Februar 2015 weiß ich wirklich nicht, was ich tun soll. Natürlich könnte ich einfach nur Golf spielen. Mein HCP von 23 weist mich als passable Hausfrauen-Golferin aus und wenn ich wieder in Schwung komme, gelingen auch regelmäßig schöne Schläge. Das Problem ist nur: ICH WILL KEINE PASSABLE HAUSFRAUEN-GOLFERIN SEIN!

Ich hasse es! Ich möchte mich verbessern. Ich möchte so gerne „richtiges“ Golf spielen und ein nettes Level unter 20 erreichen. Leider schaffe ich das nicht mehr ohne Trainer. Das ist mir im letzten Jahr schon bewusst geworden. Aber da ich durch die Erfahrungen der Vergangenheit genau weiß, wie schwierig es ist, den Richtigen zu finden, fällt mir die Entscheidung furchtbar schwer. Einerseits ist mir schon klar, dass ein Lehrer keine Wunder vollbringen kann und wir alten Freizeitgolfer nicht zum Lieblingsklientel der Jungs gehören. Andererseits kann ich mich doch nicht mit meinem jetzigen Level abfinden und die nächsten Jahre nur noch „an der frischen Luft spazieren gehen“. Nach 2 Wochen hin und her überlegen habe ich mich nun entschieden, Nägel mit Köpfen zu machen und endlich zum Telefon gegriffen und für die zweite Märzhälfte wieder Unterricht gebucht. Beginnend mit einer Runde über den Platz, einem Gespräch über Möglichkeiten und Ziele und fest gebuchten Stunden. Als Trainer hatte ich mich schon im letzten Jahr für Simon entschieden. Der Sohn unseres Ehrenmitglieds Peter Jacombs ist ja quasi mit Gatower Luft groß geworden und trotzdem zur Hälfte immer Engländer geblieben. Nun, im Frühling 2015 packe ich es noch einmal an. Sozusagen die dritte Fahrt auf dem Trainer-Karussel!

Nach einer Proberunde über 9 Loch sah Simon sofort, dass meine Einschätzung der Problematik richtig war: Es fehlt definitiv an Länge für ein besseres HCP. Der Slice muss weg und das kurze Spiel braucht natürlich auch diverse Verfeinerungen. Er scheint zu verstehen, dass eine alte Lady wie ich kein Interesse an komplizierten Erklärungen technischer Details hat und im großen und ganzen nur simple Anweisungen braucht. Und die ungefährt auf dem intellektuellen Level der „Sendung mit der Maus“. Motivieren musste er mich aber nicht mehr. Denn durch die Erfahrungen der Vergangenheit ist eines nun sonnenklar: Nach dem Unterricht wird an diesem Tag weiter geübt und nicht auf die Runde gerannt. Auch wenn die anderen Ladies es sich nicht verkneifen können, öfter mal ein „Du bist aber immer so fleißig…“, ins Geplauder einzustreuen. Egal, ist mir wurscht. ICH HASSE HAUSFRAUENGOLF!

Da sich die seitenweisen, schriftlichen Aufzeichnungen zum Unterricht auch nicht als wirklich hilfreich erwiesen hatten, entwickelte ich eine neue Idee, den Unterricht zu protokollieren: Am Ende jeder Stunde sollte Simon mit meinem Handy eine kurze Videoaufnahme machen und dabei den Lerninhalt laut ins Mikrophon sprechen. Am PC schnitt ich die Aufnahmen dann zu kleinen Sequenzen zusammen. (Ungefähr 7 bis 8 Jahre später benutzen fast alle Golfschüler Videos von sich zur Analyse!)

Seltsamerweise zieht es mich in diesen Frühlingswochen auch gar nicht auf den Platz. Ich gewöhne mich daran, mit einzelnen Schlägern, einer Wasserflasche und dem unvermeidlichen Balleimer über die Anlage zu wandern. Bis Mitte April spiele ich gerade mal 2 Runden und vermiss auch nichts. Das Bedürfnis, bessere Schläge beherrschen zu können, ist so groß geworden, dass mich die Rumeierei auf dem Platz einfach nicht mehr interessiert. Das tolle Gefühl, wenn auf dem Pitchinggreen die Bälle zur Fahne fliegen, ist mir viel wichtiger, als auf dem Platz getoppte Bälle zu spielen. Die Entscheidung, wieder mit konsequentem Unterricht zu beginnen, war auf jeden Fall richtig und ich habe wohl auch endlich genug Geduld, so lange auf der Range zu üben, bis die Schläge besser geworden sind. Mitte Mai ist der Platz am frühen Morgen so grün, dass mir fast schwindelig wird:

Es wird Zeit, auch wieder Runden zu spielen. Ich erkenne drei Stufen:
Der Schlag auf der Matte
Der Schlag auf dem Range-Rasen
Der Schlag auf dem Platz
3 Schwierigkeitsgrade, die nicht einfach so nahtlos gemeistert werden.

Leider nicht. Der Schwung auf dem Matte gelingt mühelos; schon drei Meter weiter vorne auf dem Rasen hacke ich in den Boden und auf dem Platz toppt der gleiche Schlag chancenlos in die Büsche. MANNOMETER! Eine Puttingstunde soll das Trauma der kurzen Bälle in Angriff nehmen. Auf dem Pitchinggreen lerne ich kurze, himmelhohe Lobschläge.
Und so weiter… Und so weiter….. Und so weiter… Ende nie!

Die Suche nach dem perfekten Schwung und dem perfekten Ballflug hält wohl jeden leidenschaftlichen Golfer auf ewig gefangen. Ein himmelhoher Lob, der einen Meter neben der Fahne aufploppt und liegen bleibt, befriedigt mich mehr, als ein Fehlschlag, der getoppt ewig rennt und am Ende zum „Hole-in-One“ ins Loch fällt. Das kann jeder Depp per Zufall. Den Lobschlag möchte ich lernen und aus jeder Position um das Grün herum abrufen können. Eine lange Saison auf der Drivingrange liegt vor mir…..

Allerdings möchte ich auch eine wirklich positive Wendung nicht unerwähnt lassen: Im Laufe der vergangenen 4 Jahre habe ich mich hier so eingelebt, dass der Golfclub Gatow wie ein zweites „Wohnzimmer“ geworden ist. Nur bekannte Gesichter überall. Um das Clubhaus herum ist Zeit für nette Plaudereien und auf den Runden spiele ich immer in sehr freundlichen, aber auch bewusst sportlichen Flights. Es ist perfekt!
Da ich nun auch wieder Unterricht nehme, Disziplin auf der Range zeige und endlose Stunde auf dem Pitchingreen verbringe, darf ich mich auch in die Flights der wirklich besten Senioren-Herren eintragen und bin (so hoffe ich) willkommen. Die Silberrücken des Golfspiels beherrschen jeden Schlag im Kurzen wie im langen Spiel und treffen vom Tee fast immer das Fairway. Nervendes Suchen kennen die Senioren nicht….. Am Grün bin ich immer wieder hingerissen, wie präzise die Bälle rollen. Die langen Transportschläge enden meistens genau neben der Fahne und klackern nicht selten zum Ein-Putt ins Loch. Das ist grandios! Der Teamkaptain der Seniorenmannschaft ist dabei so unglaublich gut, dass ich diesen Schlag nach ihm benannt habe. Ein ewig langer Putt, der rollt… und rollt und rollt …. und ins Loch fällt, ist ein „Läubrich“.

Benannt nach Rudolf Läubrich, der sich Jahr für Jahr unbeirrt verbessert hat und auch in dieser Saison wieder sehr erfolgreich ist. Mein jetziger Lehrer Simon Jacombs hat auch Rudolf lange betreut und ihn auf den richtigen Weg zum Erfolg gebracht. Allerdings scheint es so, als ob mein armer Lehrer bei Rudolf Läubrich irgendwie ein geeigneteres „Grundmaterial“ vorgefunden hat. Meine absolute Talentlosigkeit wird mir wieder einmal bewusst, wenn ich den neuesten Zusammenschnitt der letzten Unterrichtseinheiten auf Video ansehe. Meine Güte, das sieht doch alles genauso aus…… Wenngleich auf dem Platz an einigen Löchern jetzt gut 50 bis 60 Meter mehr Weite nach dem zweiten Schlag zu verzeichnen sind.

Den absoluten Tiefpunkt dieses Jahres markierte aber der Fitting-Day einer bekannten Golfmarke: Nach der Vermessung per Videoanalyse folgte das niederschmetternde Ergebnis: Mein Schwung ist so schlecht, da braucht es keine neuen Schläger. Ein Besenstil würde es auch tun…… (frei zitiert)

Auf dem Nachhauseweg fahre ich wieder über die berühmte Brücke über die Hafel und komme zum wiederholten Mal in Versuchung, auf die Bremse zu treten, rechts ranzufahren und den ganzen Golfkrempel aus dem Kofferraum über die Brüstung runter in den Fluss zu schmeißen. Wie masochistisch muss man eigentlich sein, um Golf zu spielen?
Im Juli darf ich nach 4 vergeblichen Versuchen in diesem Jahr endlich mal wieder einen kleinen Erfolg einheimsen und mit den 1. Platz beim Seniorenturnier der gequälten Golferseele wenigstens etwas Erleichterung verschaffen. Ein kurzer Wochenendausflug nach Semlin zu meinem alten Kumpel Tino tut auch gut. Es ist toll, wenn sich so viele Leute erinnern und grüßen und auch der Platz ganz viele Erinnerungen wach ruft. Meine Güte: Das ist jetzt alles 10 Jahre her….. Als Highlight fliegt mein Ball mit dem dritten Schlag brav auf das Insel-Green vom 18. Loch.
DAS IST TOLL! JUCHU!
Tina auf der Terrasse vor dem 18. Loch in Semlin:

Wie schon im vergangenen Jahr zerstört eine gigantische Hochdruck-Wetterlage alle Pläne für diese Golfsaison. Schon der Juli ist so heiß, wie es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen noch nie gemessen worden ist. Tag für Tag starre ich auf die Prognosen. Überall im Land bringen Regen und Gewitter zwischen den heißen Tagen Abkühlung. In Berlin und Brandenburg scheint die Sonne. Ohne eine Wolke und ohne einen Hauch von Wind. Tag für Tag und unerträglich. Es ist zum Verzweifeln. Die einzige Möglichkeit Golf zu spielen, besteht auch in diesem Sommer nur in mega frühen Runden vor 6 Uhr morgens. Das bedeutet um 4 Uhr aufstehen und halb verschlafen durch die Stadt fahren. Mühsam! Ab 9 Uhr brennt die Sonne vom Himmel und macht mich wahninnig. Ab nach Hause und ins schattige Schwimmbad. Ich bin froh, als der Golflehrer im August in den Urlaub entschwindet. In der prallen Sonne auf der Range stehen und Bälle schlagen kann ich nie und nimmer. Und Schatten gibt es im Hochsommer auf der Anlage natürlich nicht. Das Wetter zwingt mich in diesem Jahr in die Knie. Schade. Ich hätte wirklich Lust zum Üben und weiß im Grunde ja genau, dass der Unterricht nur Sinn macht, wenn das Gelernte an mindestens 2 Übungstagen in der Woche auf der Anlage trainiert wird. Doch leider schaffe ich das bei knapp 40 Grad nicht.

Um nicht ganz in Trauer zu versinken, spiele ich im Juli / August dann doch bei einigen Clubturnieren mit, wenn die Wettervorhersage halbwegs Grünes Licht gibt. Das folgende Photo zeigt meinen Flight auf dem 18. Green nach einem Dienstags-Damenturnier. Die Dame in der Mitte ist Susanne, unsere langjährige Ladies-Captain. Sie hat sich tapfer mit ihrem schwierigen Klientel herumgeschlagen und immer versucht, das Beste aus allen Problemen, Wetterlagen und Befindlichkeiten zu machen und wird das Amt nun zum Ende des Jahres abgeben.
Zeit einfach mal „Danke“ zu sagen……

„Danke Susanne, du warst ein toller Captain!“

Im kühleren September gehen Unterricht und Üben weiter. Mittlerweile habe ich für Hölzer und Eisen jeweils eine „Simon-Version“ und eine „Tina-Version“. Der „Simon-Schlag“ bedeutet volle Drehung und maximale Beschleunigung, während der „Tina-Schlag“ flach, halb ausgeholt, aber meist fehlerfrei ohne große Probleme geradeaus fliegt. Nur halt nicht wirklich weit. Auf jeden Fall nicht weit genug, für eine ernsthafte Verbesserung des Handicaps. Mit diesem Problem war ich ja im Frühjahr bei dem neuen Lehrer angetreten und wir hatten zusammen das Ziel definiert, dass ich volle Eisenschläge um die hundert Meter erreichen könnte. Auf der Range und mit Simon auf dem Platz schaffe ich das auch. Da fliegen manchmal schon echte Traumschläge in den Himmel…… Doch das Ziel, auf dem Platz in jeder Lage und mit jedem Schläger einen vollen Schwung machen zu können, liegt noch immer noch in weiter Ferne. Im Turnier oder mit anderen Spielern im Flight schummle ich mich natürlich immer noch mit meinen alten, flachen „Tina-Schlägen“ durch und traue mich nicht, wirklich voll aufzudrehen. Der Schlag könnte ja toppen, oder sonst noch irgendwelche seltsamen Dinge anstellen…..

Gegen Ende der Turniersaison muss ich dann schlicht und einfach einsehen, dass ich es in diesem Jahr nicht mehr schaffen werde. Die kleine Verbesserung um 0,5 Punkte ist nun mal nicht supertoll, aber auch nicht supernix! Darum schließe ich dieses Golferjahr mit einem „bunten“ Photo von Heidi und mir am ersten Abschlag in meinem Heimatclub Gatow im Oktober 2015, als es am frühen Morgen schon richtig kalt in den Ohren brizzelt: