Im Vorfeld dieser Reise lag ich etwas mit mir selbst im Streit: Fand ich es doch abgrund spießig, 2 Mal an den gleichen Ort und sogar IN DAS GLEICHE HOTEL zu fahren, wenn doch Alternativen im Überfluss vorhanden schienen. Dachte ich jedenfalls…..

Mit diesem Irrglauben (dass es gute Hotels und Golfplätze in Gran Canaria im Überfluss gibt) sei gleich zu Anfang dieses kleinen Berichtes aufgeräumt: Die gibt es nämlich nicht!

Ich hatte mir fest vorgenommen, im Gegensatz zum vergangenen Jahr, die Nase auch über den Tellerrand von Salobre Golf zu stecken und die anderen Plätze kennen zu lernen: Während dieser 10 Tage brachte ich es nach einem gewaltigen Tritt in den eigenen Hintern wirklich fertig, die bequeme Spielmöglichkeit vor der Haustür für 2 Tage mit der unbekannten Fremde zu vertauschen und mittels Taxi 2 neue Plätze zu bespielen: Maspalomas und Anfin Tauro Golf.
Beide kann man vergessen! Maspalomas ist flach wie ein Teller und von so hässlichem Ambiente umgeben, dass es dem nichtblinden Golfer die Tränen in die Augen treibt. 2 oder 3 Bahnen grenzen an die Dünen und haben dadurch ein gewisses Flair. Der Rest schlängelt sich durch zugebautes Gelände, über einen Tennisplatz, noch mal an den unvermeidlichen Eigentumsklitschen vorbei und in der Ferne erhebt sich der hässlichste Hotelbau, den die Menschheit je gesehen hat.
Nicht auszuhalten!
Die überwiegende Mehrheit der Clubmitglieder besteht in Maspalomas aus den recht betagten Eigentümern der umliegenden Immobilien die hier – fern ab der kalten Heimat – die Langweile des Lebensabends mit einer täglichen Runde Golf unterbrechen.
Der Golfplatz Maspalomas erzeugt beim Spielen eine Spannung, die sich ungefähr mit der Spannung bei der unvermeidlichen Wiederholung von „Dr.Schiwago“ zu Weihnachten im Fernsehen vergleichen lässt:

Anfin Tauro ist der vom Flughafen am weitesten entfernte Platz und liegt in einer engen Bucht am Meer. Die Umgebung ist auch nicht wirklich hübsch und der Platz recht zerstückelt. Hier fand ich die Tatsache besonders nervend, dass der Platzarchitekt mangels anderer Ideen (oder Möglichkeiten) sein ganzen Geschick daran gesetzt hatte, die Greens besonders ausladend, wellig und tricky zu gestalten.
OK, wenn der engagierte Golfer hier mehr als einen Tag spielt und sich die Zeit und Muße nimmt, die besonderen Gegebenheiten der Greens zu erforschen, mag er nach ein oder zwei Wochen vielleicht einer der weltbesten Putter geworden sein. So viel Zeit hatte ich aber nicht.
Allerdings gelang mir auf Anfin Tauro zum ersten Mal ein „Fast-Hole-in-One“!
Es fehlten wirklich nur knappe 10 Zentimeter! Ehrlich!

Allerdings sei dazu bemerkt, das die Par Drei auf diesem Platz auch alle recht schwach auf der Brust waren und von den Männern teilweise nur mit dem Sandeisen bespielt werden konnten. Mein „Fast-Hole-in-One“ betrug daher auch nur 88 Meter und konnte damit eigentlich nur unter „Halbes-Hole-in-One“ eingeordnet werden. Soviel zu meinen Forschungen außerhalb von Salobre Golf.
NEIN! Halt! Um meine Faulheit vom letzten Jahr wieder gutzumachen, zwang ich mich ja auch noch selbst zu einer Exkursion zum Thema Strandleben und ließ mich mit dem hoteleigenen Bus Richtung Promenade von Maspalomas kutschieren. Bevor er seine Fracht (mich) vor dem hoteleigenen Strandhaus auslud, schlängelte sich der Bus durch die touristische Innenstadt (man könnte auch sagen „Fussgängerzone“) von Maspalomas und mir fielen im Angesicht der unerträglich hässlichen Hotelpaläste fast die Augen aus dem Kopf. Für Badeanzug bekleidete Halbnackte geöffnete Spielcasinos krönten das Grauen und mit Wehmut erinnerte ich mich, vor cirka 35 Jahren mit der ersten Liebe Hand in Hand über Geröll, Steine und Staub zum einsamen Strand „Millioneras“ gewandert zu sein. Da der Bus erst nach einer Stunde wieder in Richtung Salobre abfahren würde, setzte ich mich auf eine Steinmauer und betrachtete die vorüberziehende Masse Mensch. Nach cirka 20 Minuten notierte ich auf dem Minicomputer meines I-Phones:
„Die menschliche Rasse ist das Hässlichste, das die Evolution zustande gebracht hat.“
Als Beweis, wirklich für die Dauer von 3 Stunden das geliebte Golfspiel in den Hintergrund gerückt zu haben, zeugen diese Bilder:

Als der kleine Bus endlich wieder startklar war, flüchtete ich überglücklich zurück in die Einsamkeit meines Golf-Tales. Wie von einem Turboantrieb gejagt, packte ich – zurück im Hotel – meinen Badeanzug, ein Buch und die Sonnenbrille und fuhr mit dem Fahrstuhl in den 11. Stock. Hochhoben über dem Nichts, ohne Geschrei, ohne Menschen, ohne Nichts und ohne Gar Nichts legte ich mich auf eine Liege und genoss den Anblick der Welt ohne Geschäfte, ohne Casinos, ohne Fressbuden, ohne Sonnenschirme und ohne hässliche Menschen:

Wie im vergangenen Jahr spielte ich die verbliebenen 8 Tage jeweils 36 Loch stramm von morgens um 9 bis abends um 17 oder 18 Uhr. Ohne Pause, ohne Sandwich im Clubhaus und sogar ohne den – gerade von älteren Flightpartnern – erwarteten Plausch auf der Terrasse nach beendetem Spiel.
„Keine Zeit – keine Zeit, ich muss gleich weiterspielen…….“
Das verstand niemand, aber das kannte ich ja schon von vergangenen Jahr.

Der Platz begrüßte mich freundlich als „alte Bekannte“ und gab mir nach einem Jahr tolle Augenblicke der Vertrautheit. Klugerweise hatte ich die alten Aufzeichnungen über die einzelnen Runden vom vergangenen Jahr ausgedruckt mitgebracht und konnte mich anhand dieser Texte gut an die Probleme, Nöte und Unsicherheiten der damaligen Runden erinnern.
Um es kurz zu machen: Es hatte sich viel, wenn nicht sogar alles verändert! Der vergangene Sommer, die Übungseinheiten mit dem Lehrer und die vielen Übungsrunden auf dem Platz hatten doch eine tolle Veränderung bewirkt: ICH SPIELTE WIRKLICH GUTES GOLF!
In den verschiedenen Flights mit vielen unterschiedlichen Nationalitäten und Spielstärken – ob zu zweit oder zu viert – war ich zum ersten Mal nicht ein einziges Mal ein „peinlicher“ Mitspieler. Klar – jeder verhaut mal einen Ball oder knallt einen Abschlag in die Wicken!
Das ist normal und passier jedem Spieler.
Doch gibt es einen kaum benennbaren Unterschied zwischen blöden, einfach nur „verknallten“ Schlägen und der schlichten Unfähigkeit, Golf zu spielen. Im November/Dezember2009 auf Gran Canaria spürte ich zum ersten Mal – seit 6 Jahren – wie es seien könnte, oder besser gesagt, wie es sich anfühlen könnte, einen „richtigen“ Golfschlag zu machen. Es gibt einfach keine Worte dafür, ich kann es nicht beschreiben, nicht filmen und nicht fotografieren: Der perfekte Golfschlag ist ein unbeschreibliches Gefühl – ein Glück, eine Euphorie, ein unerklärbares Phänomen. Wenn der ganze Körper zusammenspielt, wenn (fast) ohne Kraftaufwand der Schläger über den Boden fegt und wenn mit ihm der kleine Ball wie schwerelos abhebt, weit hinauf in den Himmel fliegt und am Ende seiner Bahn mit einem befriedigten „Plopp“ da auf den Rasen aufschlägt, wo es sich der Spieler ausgerechnet hatte…. Wenn das alles zusammenkommt – dann ist der leidenschaftliche Golfer im 7. Himmel angelangt.
OK – keine Ahnung – ist einfach nur furchtbar schwierig, dieses Gefühl zu beschreiben und darum begebe ich mich wieder zurück auf weniger philosophisches Terrain und berichte einfach weiter vom Spiel auf Salobre Golf: Im vergangenen Jahr hatten mich alle – aber auch wirklich alle – Spieler davor gewarnt, den „berüchtigten“ Nordplatz des Tales zu spielen.
Zu schwer!
Zu gefährlich!
Man verliert mindestens 20 Bälle auf der Runde und ist am Ende nur schrecklich frustriert! So wussten alle Spieler zu berichten und ich tat brav, was einen kluge Golfspielerin macht:
Ich hörte zu und spielte den Nordplatz NICHT. So weit – so gut!

Im Jahre des Herren 2009 nagte dieses „NICHT“ drei Tage lang an meiner Seele und am Ende siegte mein eigener Kopf. Morgens um 9 Uhr lenkte ich den Buggy zum gottverlassenen oberen Teil des Tales. Mal gerade zwei Pkws parkten vor dem kleinen, etwas schmalbrüstigen Starterhäuschen und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen.
Halt – nein, aus den Tiefen des Kofferraumes des eines Autos schalte es:
„Tiiiina, what are you doing here?“
Einer der vielen Caddys hatte am Nordplatz Dienst und erkannte mich prompt.
(Hierzu sei gesagt, dass ich in der Zwischenzeit gelernt hatte, dass es klug und weise ist, den Caddyjungs nach den Runden ein Trinkgeld zu geben. Das macht nicht arm, bringt aber viel Freude in die Runde)
„I want to play the North-Course today.“
Hmmmmm – bedenkliches Kopfwiegen:
„Did you play befor?“
„No.“
„Do you know about the North-Course?“
„YES!“

Das glaubte der Caddy nicht und hielt mir einen minutenlangen Vortrag darüber, dass ich ganz, aber auch gaaaaanz besonders vorsichtig fahren müsse und im Notfall – ich hätte mein Handy doch dabei? – seine Nummer anrufen solle. Und ob ich genug Bälle eingepackt hätte? Ich grinste, öffnete die Seitentasche am Golfbag und zeigte ihm ungefähr 30 Bälle. Ungern, sehr ungern entließ er mich auf die Runde. Ein Flight wäre noch vor mir, wahrscheinlich drei Löcher voraus.
„Prima – äh – very good!“

An dieser Stelle kam mir das Theater dann doch blöde vor. Himmel noch mal, entweder der Platz ist zu gefährlich und niemand kann ihn spielen, oder es ist OK die Leute mit einer kleinen Warnung auf die Piste zu schicken. Ich brannte vor Neugier!

UND SPIELTE EINE WUNDERVOLLE, EINZIGARTIGE RUNDE!
Vom ersten Loch an führte der Weg durch ein vollkommen einsames, unbesiedeltes und verlassenes Tal. Erst ganz zum Schluss, erst am 16. Loch erreicht der Spieler dann doch wieder die (hässliche) Zivilisation mit neu erbauten Apartments und Baukränen. Dazwischen liegen aber 3 einzigartige Stunden Einöde und Einsamkeit:

Am 3. Loch ging mir allerdings der Arsch auf Grundeis, als der Buggy bei der Fahrt bergab und mit dem Fuß auf der Bremse langsam aber sicher gen Abgrund rutschte!
Die Fahrt – oder besser gesagt die Rutschpartie – säumten unzählige Schilder am Rand zum Abhang:
SLOW
DANGER
SLOW
Das war dann genau der Moment, an dem ich mir mal wieder selbst die Leviten lesen musste:
„Tina! Kannst du nicht einmal vernünftig sein? Kannst du nicht einmal auf das hören, was andere Leute dir sagen?“

NÖ! Am Ende erreichte ich nicht nur gesund und munter das Ende des Abhangs; ich hatte auch noch die Frechheit, an dieser kniffeligen Stelle meine Ballangel auszupacken und fette Beute zu machen. Warum denn auch nicht? Es war doch weit und breit kein Mensch vor oder hinter mir? Und die armen Bällchen lagen da doch so einsam und verlassen am Wegesrand……

Der Nordplatz von Salobre Golf auf Gran Canaria ist wunderschön!
Nicht einfach zu spielen und während meiner ersten Runde (natürlich spielte ich den Platz dann öfter) dachte ich nicht nur ein Mal darüber nach, welches Glück ich hatte, ihn ganz alleine und ohne männlichen Begleiter spielen zu dürfen.
Sorry Jungs! Aber um diesen Platz von den Herrenabschlägen zu spielen, braucht es viel, aber auch wirklich mächtig viel Beherrschung: Driver steckenlassen und Holz oder Eisen spielen. Sonst braucht ihr wirklich 20 Bälle……
Am Rande sei bemerkt, dass ich den Salobre North-Course beim ersten Durchgang mit NULL Ballverlust (9 Bälle Beute) und 32 Stablefordpunkten beendete.
WHOW! Könnte es wirklich sein, dass ich laaaangsam, aber auch gaaaanz langsam lerne, Golf zu spielen?

Auf dem Südkurs übte ich während der 10 Tage weiterhin ganz brav die gesamte Palette rauf und runter: Chippen und Pitchen aus jeder Hanglage und jeder nur möglichen Situation. Den Berg rauf oder runter. Kurzes Spiel, die ganze Palette rauf und runter. Von morgens bis abends. Wenn niemand hinter mir war, übte ich alle Annäherungen am Green, die es nur gab: Berg rauf, Berg runter, dickes Gras, kein Gras, lang, kurz, mittellang…. Himmel, man kann das gar nicht alles lernen!!

Nach 10 verrückten (Golf)-Tagen packte ich mein Zeugs, fuhr nach Hause und wusste (ziemlich) genau, dass ich zurückkommen würde. Ein letztes Photo nach der letzten Runde und ab nach Hause ins kalte Deutschland: