Nach einem handfesten Streit mit meinem (nun nicht mehr) alten Freund Thomas stand sein Privathaus leider nicht mehr zur Verfügung und es hieß, eine neue Bleibe für unsere Kurztrips auf die Insel zu suchen und zu finden. Meine Wahl fiel auf die Reserva Rotana, eine feines (sehr feines) Finca-Hotel in der Nähe von Manacor. Die Reserva zeichnet sich durch eine exzellente Sterne-Küche aus, was aber leider nicht so mein Fall ist, da ich ein handfestes Tellergericht diesem ganzen übersichtlichen Schnickschnack in fünf Gängen vorziehe. Den hauseigenen Hubschrauberlandeplatz haben wir auch nicht genutzt, da die Reisekasse nur ein stinknormales Mietauto vorsah. Der eigentliche Grund für die Wahl dieses Hotels bestand in der Tatsache, dass ein eigener 9 Lochplatz ausschließlich den Hotelgästen uneingeschränkt und ohne Teetime und Greenfee von morgens bis abends zur Verfügung steht. Leider gibt es nur ein einziges Bild der Hotelanlage, auf dem ich hinten im Garten auf meinen Salat warte:
Mit dem ersten Flieger um 6.10 Uhr in Berlin gestartet, standen wir planmäßig um 12 Uhr am 1. Abschlag und freuten uns wie die Schneekönige über den Ausblick auf sanft geschwungene Faiways unter blauem Himmel. Whow! Das Leben kann wirklich schön sein!
Berg rauf – Berg runter. In der Euphorie hatten wir das E-Cart vergessen und schleppten uns tapfer über 18 Loch mit dem schweren Trolley über die ganze Distanz. Mir lief der Schweiß in Strömen den Rücken hinunter und heimlich beobachtete ich den Himmel, ob nicht vielleicht doch die eine oder andere Wolke Abkühlung bringen würde.
Doch neben dem schweißtreibenden Geziehe der Ausrüstung, bemerkte ich schon am ersten Tag auf der Reserva, dass wohl die vorangegangenen Trainingsreisen mit Ralf einen großen Fortschritt in meinem Spiel gebracht hatten. 26 Punkte waren nicht zu verachten.
Am zweiten Tag stand Son Gual auf dem Programm.
Mit 150 Euro für das einfache Greenfee ohne Cart auch für mallorcinische Verhältnisse ganz oben auf der Liste der Snob-Clubs. Mein Golffreund Tino hatte mich nur mit der drohenden Schließung des neuen Superplatzes für Gastspieler geködert. Vielleicht würde der Normalmensch niemals wieder sein weißes Bällchen über die erhabenen Fairways spielen dürfen? Ich erklärte mich bereit, diese einmalige Erfahrung zu machen. Und teile allen Interessierten nun das Ergebnis mit: Son Gual ist oberlangweilig, unspektakulär und besteht nur aus einer flachen Piste, die durch Unmengen von Bunkern zerklüftet ist. Mehr ist leider nicht. Ein Golfplatz, wie auf einer Landebahn. Langweilig und doof:
Allerdings trugen die Maschinen unserer Lieblings-Airline, die im 3-Minuten-Takt über den Golfplatz hinweg rauschten, sehr zu unserer Unterhaltung bei:
Versöhnend sei bemerkt, dass die Klos im Clubhaus mit dem hauseigenen Parfüm „Son Gual“ ausgestattet sind und als Snack auf der Terrasse 100 Gramm Schinken nur 28 Euro kosten. Mit 25 Stablefordpunkten konnte ich am Ende des Tages doch meinen Frieden schließen.
Am nächsten Tag wollten wir Val’Dor spielen. Schon vom Manager in der Reserva vorgewarnt, wussten wir, dass der Platz unter Umbaumaßnahmen nicht regulär zu spielen seien würde. An der Rezeption wurde uns klipp und klar empfohlen, die Front Nine lieber zwei Mal hintereinander zu spielen. Wir gehorchten natürlich. Da ich ja nur knapp 8 Wochen zuvor mit Ute und Ralf den Platz gespielt hatte, konnte ich mich gut an das anspruchsvolle Chipping-Green erinnern, auf dem wir das kurze, hohe Spiel zur Fahne geübt hatten und wiederholte die Übungen brav, bevor es zum ersten Abschlag ging. Leider ist das erste Loch mit meinem golferischen Können noch nicht zu knacken: Es sind zwar nur 148 Meter bis zur Fahne, doch leider prallt auch mein Driver vorher an dem steilen Hang ab und der Ball rollt auf das Fairway zurück. Die Lösung dieses Problems verschiebe ich sozusagen auf später. Abseits der Baumaßnahmen erlebten wir Val’Dor aber für kurze Zeit ungestört und friedlich:
Während der Runde gelangen wieder so viele wirklich schöne Schläge mit Hölzern und Eisen, dass ich am Ende des Tages mit einer 33 auf dem Scorezettel wirklich zufrieden war. Am nächsten Tag stand Son Thermens auf dem Programm. Lang erwartet, da ja im November das Spiel wegen Regens ausgefallen war. Die Anreise über eine Stunde vom Norden fiel nicht mehr ins Gewicht, als ich am ersten Abschlag stand. Ausgebreitet lagen die Fairways rechts und links in das Gelände gebettet. Tino träumte gar von einem Eagle, angesichts der geringen Distanz für ein Par 4. Und obwohl er mit einem wunderschönen Schlag das Green traf, wurde dann leider doch nichts daraus und auch am zweiten Loch verschwanden unsere beiden Bälle prompt wieder in der vamaledeiten Schlucht. Doch konnte ich immer mehr spüren, wie mein Spiel besser wurde und es gelang mir sogar an den 3er Pars jeweils Par zu spielen. Die wundervolle Landschaft, die Höhenunterschiede und die Vegetation machen Son Thermens wirklich zu einem Juwel unter Mallorcas Golfplätzen:
Unter der milden Frühlingssonne von Mallorca keimte langsam das schüchterne Pflänzchen Zuversicht in meiner Seele auf: War da wirklich irgendwo die Chance, vielleicht doch noch eine halbwegs gute Golfspielerin zu werden? Auf jeden Fall freute ich mich am Ende eines schönen Tages über 31 Punkte auf Son Thermens.
Nun folgt eine kleine Anekdote über den Großstadtmenschen und die Natur:
Am Abreisetag sollten wir um 15.30 nach Hause Uhr fliegen. Am vorherigen Abend planten wir beim (übersichtlichen) Abendessen generalstabsmäßig:
7.00 Aufstehen, Koffer packen, alles vorbereiten
8.00 Frühstück im Eiltempo
8.20 Rechnung bezahlen und Ecart beladen
8.30 Abschlag!
Bis zur Abfahrt um 12.30 vom Hotel würden wir locker die 18 Loch noch einmal spielen können…… Ein guter Plan! Wirklich!
Und der wurde von uns preußischen Golfern natürlich auch auf die Minute eingehalten.
Wie geplant, verluden wir kurz nach halb Neun das ganze Equipment auf das Cart und fuhren hinter dem Hotel den kleinen Weg zum ersten Abschlag hinunter. Bei der kurzen Fahrt in die Senke zum Golfplatz ahnte ich Böses und am ersten Abschlag wurde es offensichtlich: NEBEL!
Das ganze Tal lag in einer dicken Suppe von undurchdringlichen Wolken! Tino und ich standen vollkommen belämmert da und konnten es nicht fassen: Nix mit gutem Plan! Nix mit 18 Loch auf die Schnelle! Tino knalle einen wütenden Drive in die undurchsichtig Wand, die über dem Faiway waberte. „Das ist doch sinnlos“, gab ich zu bedenken.
Wir versuchten es trotzdem, aber als am ersten Loch die Fahne nicht einmal aus 50 Meter Entfernung zu ahnen war, gab Tino grummelig auf, packte sein Bag und stapfte Richtung Hotel von dannen. Männer sind irgendwie nicht flexibel, dachte ich und fuhr mit dem Cart zum nächsten Par 3. Hier übte ich eine Stunde lang Annäherungsschläge über 30 bis 40 Meter zur Fahne, bis sich endlich, wie von Zauberhand und wunderschön zu beobachten, der Nebel sich innerhalb weniger Minuten in Nichts auflöste und die Sonne am wolkenlosen Himmel strahlte. Über Handy versuchte ich, meinen Golffreund auf den Platz zurückzulocken. Klar, 18 Loch würden in den verbleibenden 2 Stunden nicht mehr zu spielen sein. Aber 9 doch ganz locker. Tino hatte schlechte Laune und teilte mit, dass sein ganzes Gepäck nun schon im Auto verstaut sein und er keine Lust mehr habe. Nun gut! Dann eben nicht. Ich spielte die 9 Löcher allein und genoss die Ruhe, das taunasse Gras und den wunderschönen blauen Himmel. Für die nächsten 8 Wochen würde dieses Gefühl voraussichtlich nicht zurückkehren, da in Deutschland noch bis Mitte April Mistwetter drohte.
Allerdings verließen wir die Reserva Rotana auch mit der Erkenntnis, dass diese 4 Tage schlecht geplant waren: Wir hätten nicht an drei Tagen quer über die Insel zu jagen brauchen und viel Zeit im Auto und viel Geld für Greenfees verschwenden müssen, sondern den hauseigenen Golfplatz intensiver und länger nutzen sollen. Die Reserva eignet sich perfekt für Golfspieler, die in Ruhe, unbeobachtet und ohne Stress ihre Schläge üben wollen. 9 Loch auf bergigem Gelände halten genug Aufgaben bereit, um für 4 Tage das Programm zu füllen. Klar, die Punkte auf den Scorekarten würde dann in den Hintergrund treten und es würde nur die einzelne Aufgabe im Vordergrund stehen: Wie erreiche ich aus der Hanglage aufwärts oder abwärts präzise das Grün über 80 bis 30 Meter? Bunkerschläge, enge Abschläge und komplizierte Annäherungen gab es genug, um (ich übertreibe mal) tausend Jahre zu üben, um 10 Bälle von der gleichen Position in einen Radius von maximal 2 Metern zu befördern. Diese einmalige Chance, auf einem komplett leeren Golfplatz stundenlang allein und ohne Stress zu üben, hatten wir leider versäumt und gestanden es uns bei der Abreise auch ein. Dumm gelaufen – beim nächsten Mal wird’s besser.
(Als ich 16 Jahre später zur Reserva zurückkam, erinnerte ich mich an diese Erkenntnis und plante 5 Tage Golf ausschließlich vor Ort und nur 2 „Ausflüge“ zu anderen Plätzen.)