Im Winter 2020/2021 bestimmte die Pandemie noch immer unser Leben: Keine Reisen, keine Kultur, keine Treffen mit Freunden. Das hatte zur Folge, dass urplötzlich alle Gatower Golfer im Winter spielen wollten. Alle diejenigen, die sich normalerweise in türkische, kanarische oder sonstige warme Gefilde verziehen, bevölkerten plötzlich bei Wind und Wetter die heimischen Fairways. Der Club konnte sich gegen den Ansturm nur wehren, indem auch in den Winterwochen Teetimes vorgeschrieben wurden. Wir durften jeweils zu zweit und nur 9 Loch 3 mal in der Woche und 1 Mal am Wochenende spielen. Bei den auf Wintergrüns verkürzten Bahnen dauerte das Vergnügen mal knapp 1,5 Stunden und lohnte kaum das Benzin für die Anfahrt. Und trotzdem strömte das Golfvolk hinaus auf die matschiegen Wiesen. Als im Januar nur noch Tragebags gestattet wurden, spazierten die meisten Mitglieder nur mit einem Schläger ausgerüstet zu den Abschlägen. „Wenigstens frische Luft“ hieß die Devise. „Komisch,“ sagte eine Flightpartnerin zu mir: „Ich seh hier plötzlich Leute, die hab ich im ganzen Sommer nicht gesehen….“
Und sogar als Neuschnee mit 10 Zentimetern Höhe das ganze eigentlich ad Absurdum führte, musste man kucken, zu den Stoßzeiten zwischen 11 und 13 Uhr noch freie Teetimes zu finden.

Leider war natürlich wegen Corona auch die tolle Indoor-Anlage von unserem Headpro Billy in der City geschlossen und wir konnten die Zeit nicht mal mit Training ausfüllen. Schade! Im Januar durften wir dann endlich unsere neuen WHS-Handicaps auf den Anmeldelisten bestaunen. Mich hatte es von 21,1 zurück auf 22,6 befördert. Da ich aber kaum jemanden entdecken konnte, der nicht zurückgestuft worden war, nahm ich es halt gelassen: Whow, 2 Schläge mehr bei den nächsten Turnieren! DAS war doch mal was! Während der Gespräche während der Runden wurde mir klar, dass zwar die meisten Mitglieder von der Veränderung des Handicap-Systems „gehört“ hatten – genaue Vorstellungen davon sich aber als Mangelware erwiesen. Vielleicht wäre es eine gute Idee gewesen, wenn der Club eine leicht zu verstehende Version des Originals vom DGV (selbiges umfasst 120 Seiten!!) per Rundmail an alle Mitglieder verschickt hätte ………

Den meisten Golfern mit denen ich sprach, schien es irgendwie unvorstellbar, dass nicht mehr mit Beendigung eines Turnier sofort und auf der Stelle (meist noch auf dem 18. Grün) das neue HCP feststehen würde und dass mit den erspielten Stabelford-Punkten nicht sofort der neue Wert ausrechenbar wäre. Wenn ich zu erklären versuchte, dass erst die Beendigung des Spieltages abzuwarten wäre und erst dann der Club alle erspielten Ergebnisse in die Berechnungen einfließenlassen würde – dann erntete ich meist nur Kopfschütteln. Und die Sache mit dem Durchschnitt der letzten 8 besten Ergebnisse schien auch nebulös. Nun gut – mir war es egal. Mir taten nur die armen Jungs (und Mädels) im Service-Point leid, die wahrscheinlich die gesamte neue Saison mit endlosen Erklärungsversuchen beschäftigt sein würden. Wenn es im März auch noch viel zu früh war, an vorgabewirksame Turniere zu denken, freute ich mich jedenfalls schon im Voraus auf die neuen Gegebenheiten. Es würde kein Puffern mehr geben, das abendliche Warten auf die Ergebnisse würde sicher spannend werden und die Endresultate immer eine kleine Überraschung! Juchuuuuu……

Und dann gab es noch etwas Neues:

Nachdem das Golf-Forum von Mygolf sang-und klanglos geschreddert worden war, eröffnete der User Reval eine neue Online Community für Golfer. Und siehe da: Obwohl viele bekannte Namen wieder auftauchten, schienen die alten Streitereien und Beschimpfungen bei Mygolf zurückgeblieben zu sein. Was mich sehr erfreute! Einen Thread fand ich ganz besonders spannend. Er trug die Überschrift:

„Was stört Euch an Mitgolfern?“

Innerhalb von 3 Wochen kamen 225 Antworten zusammen! Chapeaux! Und die meisten Beiträge gefielen mir außerordentlich gut. Sprachen mir quasi aus der Seele. Klar ging es um Spielgeschwindigkeit und Schummeln – aber auch um diese lästige Kommentiererei von eigenen oder fremden Schlägen. Etwas, was mich wirklich nervt und böse macht! Dieses dämliche „Oh“ und „Toll“, wenn mein getoppter Schlag 70 Meter über die Wiese hoppelt. Und endlich konnte ich lesen, dass es vielen anderen Golfern genauso geht! Dass viele Spieler einfach nur freundlich schweigend über die Wiesen ziehen wollen und überwiegend in Ruhe gelassen werden möchten. Natürlich besonders während eines Turniers. Bei Privatrunden kann man sich ja seit Jahren Gott-sei-Dank die Mitspieler aussuchen…… Auf jeden Fall ist dieses Forum wirklich nett. Wer mal schauen will: www.golfforum.eu

Diese Bilder machten mich im Frühjahr 2021 richtig traurig:

Die Greekeeper fällten Baum um Baum und das Schreddern der Stämme dröhnte pausenlos über den Platz. Die 3 Dürrejahre in Folge hatten schreckliche Schäden an unserem alten Baumbestand zur Folge gehabt. Ein Greenkeeper erzähle mir, dass sie in diesem Jahr schon 300 Bäume gefällt hätten – in der nächsten Saison aber noch 150 wegen schwerer Schädigung gefällt werden müssten! Meine Güte – unser Golfplatz würde wohl bald wie eine glatte Wiese mit ein paar Büschen aussehen. Es war zum Heulen! Aber auch ohne Dürre und Klimawandel hatten die Ereignisse rund um unseren Golfplatz die Dinge in den letzten Jahren stark verändert. Die Ansicht der Bahn 17 bis vor 2 Jahren:

Und heute sieht es ungefähr so aus:

Der Bauboom in Berlin hatte auch unseren Außenbezirk Gatow erfasst und Reihe um Reihe Einfamilienhäuser rückte immer näher an unsere Fairways. Nachdem die Hälfte des alten Übungsgeländes bebaut worden war und an der Bahn 17 die Häuser bis auf 20 Meter an das Fairway herangerückt waren, ging es nun ans Eingemachte: Die Baugenehmigung für die letzte Häuserreihe direkt hinter unserer Bahn 16 war ohne die übliche Absprache mit dem Golfclub Gatow erteilt worden. Die 3 Meter zwischen den Balkonen der neuen Bewohner und unseren Abschlägen schienen doch etwas dürftig. Da war wohl bei der Planung einiges schief gelaufen und der Widerspruch unseres Clubs hatte eine 50%ige Erfolgschance vor Gericht. Unser Vorstand verhandelte tatkräftig und machte einen guten Deal: Gegen Übernahme der gesamten Umbaukosten würde unser Par 3 an Bahn 16 vollkommen umgestaltet, sodass die hinteren Abschläge verschwinden und den neuen Bewohnern ungehindert Benutzung ihrer Wohnungen zugesagt werden konnte. Dass das allerdings so eine gigantische Baugrube verursachen würde, hatte wohl keiner gedacht. Im März sah es so aus:

Anfang Mai wurde der Rollrasen verlegt. Da es plötzlich tagelang regnete, brauchte es dann doch noch zwei weitere Wochen, bis der Boden gefestigt war und die Bahn freigegeben werden konnte:

Zu Pfingsten durften wir nach den langen Corona-Monaten und mehrmaligem Umbuchen endlich wieder zu einer Mini-Exkursion aufbrechen und besuchten den Golfclub Hardenberg in Niedersachsen.

Wer mag, kann den Bericht über Hardenberg hier lesen

Am 6. Juni wurde das neue Par 3 endlich mit einem clubinternen Spaßturnier eröffnet und alle waren sich einig, dass sich die Umgestaltung gelohnt hatte und wir mit der Bahn 16 ein wirkliches Schmuckstück bekommen hatten. Für die Männer gestaltete sich das Anspielen etwas kniffelig – da direkt über das Wasserhindernis gespielt werden muss; für uns Ladies flog der Ball meist leicht und locker direkt in Richtung Fahne. Fein, machte Spaß!

Im Juli startete auch wieder das Turniergeschehen. Und wie ich es mir schon gedacht hatte, wusste wirklich niemand über die neuen Regelungen Bescheid. Die etwas interessierteren Mitglieder hatten immerhin schon mal registriert, dass sich „etwas“ verändert hatte und die meisten von ihren alten HCP’s zurückgestuft worden waren. Aber wie die Runden nun in Zukunft berechnet werden würden – das wusste niemand. „Gewertetes Bruttoergebnis“ oder „Score Differential“? Böhmische Dörfer…… Course Raiting, Slope Raiting? Was für ein Blödsinn!!

Als dann die ersten vorgabewirksamen Ergebnisse vorlagen, gab es doch einiges Stirnrunzeln: Wie konnte es möglich sein, dass sich jemand innerhalb von 3 Turnieren von 17, 5 auf 19,8 verschlechtert hatte? Dafür hätte man in den Alten Zeiten (in 0,1 Schritten) ungefähr 5 Jahre gebraucht. Eine lustige Geschichte erzählte mir ein Herr auf der Runde: Auf der Anmeldeliste würde seine alte Stammvorgabe von 26,6 stehen, sein „richtiger“ Handicap-Index würde aber 31,4 betragen. Ich kuckte natürlich verwirrt. Kar. Die Erklärung reichte er darum sofort nach: Bei einer früheren Regelanpassung hatte der DGV den Mitglieder ein „Lebenshandicap“ von 26,6 zugesagt. Ab dieser Grenze dürfte niemand bei einem schlechten Turnierergebniss zurückgestuft werden. (Man hatte 2016 angenommen, dass diese Regelung die Beteiligung bei vorgabewirksamen Turnieren fördern würde) Und wenn nun der aus den letzten besten 8 Ergebnissen erzielte HCPI über 26,6 liegen würde, hätte der Betreffende quasi zwei Hadicaps. Hmmm, leider hatte ich vergessen zu fragen, welches für die Turnierteilnahme denn nun relevant wäre. Der besagte Herr erklärte mir aber weiter, dass er den DGV anschreiben und um Zurücksetzung bitten würde. Das würde ihm dann doch gerechter vorkommen.

Ich war nach 3 vorgabewirksamen Runden mit einem blauen Auge davon gekommen und hatte mich trotz 3 mieser Ergebnisse „nur“ um 0,1 verschlechtert. Doch bei den nächsten Turnieren drohte Ungemach: Die nächsten Ergebnisse, die am Ende der 20 zählenden Runden wegfallen würden, waren allesamt gute Spiele gewesen. Wenn ich die nächsten Turniere nicht mindestens mein HCPI oder besser spielen würde, wäre die 23 oder sogar 24 wieder möglich. Na ja – nicht zu ändern, schaun ‚mer mal……

Obwohl sicher einiges an dem neuen System „gerechter“ ist, hat die Sache für mich persönlich doch einen Pferdefuß: Da uns der deutsche Golfverband ja abspricht unsere eigenen, privaten Runden in die Berechnung einfließen zu lassen – wie es außerhalb Deutschlands üblich ist – fallen natürlich auch gerade die guten Ergebnisse weg, die wir bei tollem Wetter und perfekten Bedingungen (ohne das Ergebnis schön zu rechnen!) gespielt haben. Übrig bleiben die Turnierergebnisse, die wie wir ja alle wissen immer unter einer gewissen Anpannung und Stress zustande kommen. Unerträgliche Flightpartner, wetterbedingte Unterbrechungen oder persönliche Befindlichkeiten fließen ungebremst in das Ergebnis ein und bestimmen nun allein die Entwicklung des HCPI und das finde ich nicht gerecht. Da es auch keine „Pufferzone“ mehr gibt, geht trotz einem guten Ergebnis (früher waren 34 Punkte ja gut) das HCPI um 0,2 zurück. Und eine wirklich super gespielte private Runde 2 Tage später fällt unter den Tisch. Da fehlt die Ausgewogenheit und wenn alle erst mal kapiert haben, wie sich die neue Berechnung auswirkt, wird die Beteiligung bei den Turniere noch weiter zusammenschmelzen. (Meine persönliche Hypothese). Aber auch dazu gilt: Schaun ‚mer mal…….

Wieder kein „Pink Ribbon“ Turnier!

Auch 2021 musste mein Lieblingsturnier ausfallen. Dem Club wurde mit dem Argument, dass zu viele Personen gleichzeitig im Clubhaus anwesend seien würden, kein Kanonenstart genehmigt. Und damit war dieses nette Event gestorben. Obwohl ich doch wirklich sooo aufgerüstet hatte:

Wirklich schade! Scheiß Corona! Im September wurde es wieder Zeit für einen kleinen „Golf-Ausflug“ und wer mag kann hier gerne meine Erlebnisse beim „Golfen auf Rügen“ nachlesen.

Als Fazit zur Golfsaison 2021 bleibt mir die Erkenntnis, dass die Natur am Ende doch immer ein Wörtchen mitzureden hat: Wurde mein Spiel in den zwei vorangegangenen „Dürrejahren“ durch die knochenharten Fairways in den erzielten Längen begünstigt, hatte ich in diesem Jahr das Nachsehen: Der regenreiche Sommer hatte das Gras wachsen lassen und meine langen Holzschläge erstarben allzu oft im hohen Gras jenseits der Fairways. Natürlich: Mein Fehler! Ich hätte ja auch geradeaus spielen können! Aber auch auf den Fairways rollten die Bälle nicht wirklich gut. Mir fehlten definitiv die Längen um mit dem dritten/ vierten Schlag das Grün verlässlich zu erreichen. Meine persönliche Statistik wies nur wenige wirklich gute Ergebnisse aus und obwohl es mir wirklich schwer fiel (ich hatte einmal mit 37 Ergebnissen die Krone der meisten vorgabewirksamen Turniere erziehlt) hatte ich plötzlich keine Lust mehr, unsereTurniere mitzuspielen. Die Formel war nun mal nicht allzuschwer und wer sie durchrechnete kam zu dem ernüchternden Ergebniss: Spielst du nicht dein GBE akkurat auf den Punkt oder auch nur einen Schlag darunter, wird dein HCP zurückgestuft. Die Befürworter des neuen Systems behaupten ja, dass es auf lange Sicht demokratischere HCPI’s geben würde. Na gut. Vielleicht in der Theorie. Aber ich weiß aus unserem Golfclub nur eines: Die meisten Golfer mit HCPI unter 20 spielen schon seit Jahren keine vorgabewirksamen Turniere mehr mit. Diese HCPIs stehen in Stein gemeisselt und die neuen Regeln interessieren die meisten Spieler nicht die Bohne. Damit ist die Idee dass es „irgendwann“ für alle ein gerechteres Handicap geben würde, vollkommener Unsinn. Solange es keine Pflicht gibt, in einer Saison auch vorgabewirksame Turniere spielen zu müssen um das HCPI als „aktiv“ zu bestätigen, bleibt das ganze System ein Unfug. Ich habe auf der Liste meines Clubs nachgesehen, wo sich die HCPIs der weiblichen Mitglieder absteigend darstellen. Da stehen ungefähr 90 Damen vor mir – – – aber um die 50 Namen habe ich noch nie auf einer Turnierliste gesehen! Ich bin wirklich gespannt, wie sich die Sache in der Zukunft entwickeln wird.

Update im Dezember: Ich scheine mit meiner Einschätzung auf der richtigen Fährte zu sein: Auf der Liste der handicaprelevanten Turniere im Jahr 2021 erscheine ich mit meinen mickerigen 6 Ergebnissen an 5. Stelle….. Danach kommen noch ein paar Ladies mit weniger und dann eine ellenlange Auflistung von Namen mit „0“ Ergebnissen……

Dieses tolle Bild von der letzten Runde auf Sommergrüns soll die Saison 2021 beenden. Ich finde den schwarzen Himmel und das sonnenleuchtenden Schilf richtig romantisch. Fast Kaspar David Friedrich. *Achtung: Scherz*