Golf Blog Berlin

2014 "Frozen shoulder"

 

In der Wintersaison 2013/14 geht mir zum ersten Mal wirklich der Arsch auf Grundeis! Eine Lapalie in der Schulter hat sich zu einem ernsthaften Krankheitsbild entwickelt: Der "Frozen shoulder". Wikipedia klärt mich darüber auf, dass hauptsächlich Frauen davon betroffen sind und letztendlich eigentlich nix hilft. Im Schultergelenk entstehen Verklebungen (was immer das auch ist) und fast jede Bewegung ist mit höllischen Schmerzen verbunden. Irgendwann stehe ich im Sportstudio im Umkleideraum und bin nah dran, in Tränen auszubrechen: Ich kann mein T-Shirt nicht mehr alleine ausziehen......

 

Von Januar bis März absolviere ich soviel Physiotherapie, Akkupunktur, Cortisonspritzen und Stoßwellenbehandlungen, dass zeitweilig 5 Arzt-Termine pro Woche im Kalender stehen. Was aber alles nicht hilft. Zum ersten Mal wird mir wirklich bewusst, wie abhängig ich davon bin, mich bewegen zu können, Sport zu machen und Golf zu spielen.

 

Während in diesem Frühjahr zur Abwechslung der wärmste und sonnenreichste Winter aller Zeiten (wir erinnern uns: Im Jahr davor war es der dunkelste und schneereichste...) bilderbuchmäßige Verhältnisse für ambitionierte Golfer hervorzaubert, sitze ich in den Wartezimmern der Ärzte herum und lese die "Gala" und den "Stern". Gott verdammt!

 

 

Das geht soweit, dass Anfang März in meinem Golfclub die Sommergrüns eröffnet werden und in Brandenburg Waldbrandgefahr ausgerufen wird. Strahlend blauer Himmel - und ich sitze immer noch beim Doc und warte auf ein Wunder. Auf der Wiese im Park versuche ich mich mit dem Eisen 8 vorsichtig an halben Schlägen. Nix da. Chippen Ok, alles mehr an Bewegung geht nicht.

 

Meine Freundin Ute berichtet mir, dass sie sich todtraurig von ihrer Leidenschaft für Yoga verabschieden muss. Die Artrose in ihren Händen macht es ihr unmöglich, die Übungen durchzuführen. Meine Güte, was soll das werden? Ich hab dieses Jahr meinen Sechzigsten und meine Mutter wird 91....... Heißt das, dass ich die nächsten 30 Jahre auf der Couch vorm Fernseher sitzen werde? Mir wird immer klarer, was es wirklich bedeutet, wenn der Körper nicht mehr zur Verfügung steht. Dann nützt dir die ganze Kohle nix mehr, dann wird es egal, was du in deinem Leben alles geleistet hast und wieviele Leute dich um deinen Status beneiden. DAS wird alles unwichtig, wenn dir die Knochen so weh tun, dass du dir nicht mehr die Haare kämmen kannst!

 

Schweren Herzens sage ich das traditionelle Treffen zu Ostern mit meinen Freunden in Semlin ab. Für Ende März ist der endgültig letzte Termin für eine Stoßwellentherapie angesetzt. Danach gibt es nur noch die Operation......

 

 

Mitte März fahre ich doch eines Morgens raus und spiele in strahlender Sonne 14 Löcher. Und als ob die Himmlischen Mächte ein Einsehen haben wollen, tut mir der Arm plötzlich nicht mehr weh. Dass ich natürlich technisch kein Golf mehr spielen kann, ist mir plötzlich sowas von wurscht, wie ich es nie gedacht hätte. Ich kann den Schläger schwingen, nix tut weh und das Bällchen fliegt. JUCHUUUUU- ich fühle mich wie neu geboren. Zurück im Auto auf dem Parkplatz schicke ich ein stilles Gebet in die Unendlichen Weiten: Bitte, lass mich noch ein paar Jahre hier draußen rumstolpern!

Bitte, mach dass mein Körper nicht kaputt geht......

 

 

Zwei Wochen später sitze ich wieder beim Sportarzt und er sagt, dass er mir nur raten kann: Abzuwarten.

Bei 90 % aller Patienten würde das Krankheitsbild "Frozen shoulder" irgendwann von alleine verschwinden und er würde davon abraten, zu operieren oder ähnlich agressive Heilungsmethoden anzuwenden. Das Risiko wäre zu hoch.

 

Ok. Ich folge seinem Rat und verabschiede mich von allen spektakulären medizinischen Eingriffen. Meine Schulter wird so lange eingefroren oder "frozen", wie der Fachbegriff heißt, bleiben, wie es denn der Liebe Gott oder das Schicksal will. Ich werde auch in dieser Saison braves Rentnergolf spielen und aufhören davon zu träumen, mein HCP unter 20 zu drücken und auf eine Verbesserung bis zur Senioren-Damenmannschaft zu schielen. AUS DIE MAUS. Sei froh, dass du überhaupt über 18 Löcher gerade gehen kannst.

 

Und als es Ostern sogar an 3 Tagen hintereinander ohne körperliche Schmerzen funktioniert, kann ich mein Glück kaum fassen und danke den Höheren Mächten von ganzem Herzen!

 

 

Obwohl die Schulter zwar im Großen und Ganzen nicht wirklich gesund wird, reicht die Bewegungsfähigkeit aber zum Golfspielen aus.
Im Mai spiele ich schon wieder genauso häufig, wie in den Jahren zuvor.
Und wie in den Jahren zuvor, stelle ich ab und zu den Wecker auf halb sechs und spiele im Morgengrauen allein auf Weiter Flur meine einsamen Runden.....

Aber etwas ist in diesem Frühling wirklich toll: Einige Schläge, die ich in den ganzen vielen Jahren nie wirklich gelernt habe, fangen nun an, ganz entspannt zu fliegen. Der berühmte "Knoten" scheint geplatz: Rund ums Grün gelingen so viele schöne und runde Schläge, dass ich es kaum fassen kann. Die Chips fliegen flach und laufen aus, die hohen Pitches überwinden Bunker und Vorgrün und "ploppen" (ungefähr) an der richtigen Stelle auf. Ich bin wirklich ziemlich hingerissen. Das endlose Üben scheint langsam Erfolge zu zeigen.

Und eines ist wirklich wahr: DIR GELINGT NUR DER SCHLAG, DEM DU VERTRAUST. Und dieser einfache Satz gilt wirklich und wahrhaftig für JEDEN Schlag. Egal ob Driver oder Sandwich. Sowie der leiseste Hauch eines Zweifels durch meinen Kopf geht - schwupps - toppt der Schlag.

Ende Mai spiele ich wieder einmal eine Runde mit meinem Mentor Dieter, der mich ja nun seit vielen Jahren kennt. Er sieht die Verbesserungen. Mahnt natürlich die schlimmsten Fehler an und gibt Vorschläge zum Training. Und setzt Grenzen: "Du kannst noch 10 oder 20 Meter mehr Länge kriegen. Mehr ist nicht drin..." PÄNG!

Aber, was soll's. Im Prinzip hab ich das ja gewusst. Also: Das Kurze Spiel!
Um den Score (in Maßen) zu verbessern, kann ich nur lernen, aus allen möglichen Positionen an die Fahne zu spielen. Und natürlich Putten. Klar. Nur ist Putten-Üben so ziemlich die langweiligst Sache der Welt.....

Egal: Ich kann wieder spielen. Die Schulter hält Ruhe und eine total wunderschöne Saison nimmt ihren Lauf. *Juchuuuuu*


Anfang Juni fahre ich mit der Seniorengruppe in den Golfclub Motzen im Süden von Berlin und bin sehr angetan: Tolle Landschaft, super geflegter Platz und ein paar ziemlich ungewöhnliche Löcher als Schneise in den Wald geschlagen. Mit 3 anderen Ladies aus Gatow spiele ich eine nette Runde und halte mich mit 28 Punkten auch wacker. Hier sind wir Grazien:

 

 

 

 

Von der Terasse aus hab ich dann auch noch dieses schöne Bild geschossen:

 

 

 

 

Und auch ich alleine sehe doch ganz glücklich und zufrieden aus, oder?

 

 

 

 

Dann spiele ich auch noch eine wirklich tolle morgentliche Allein-Runde mit 94 Schlägen (41 Punkten) und beschließe Ende Juni die Netto-Club- Meisterschaft mitzuspielen. 2 Zählspielrunden an 2 aufeinanderfolgenden Tagen..... Darauf habe ich Lust! Schaun 'mer mal.

 

 

Gesagt - getan...
Am 28. und 29. Juni spiele ich die (kleine) Clubmeisterschaft mit und gewinne doch tatsächlich den "DRITTEN PLATZ".
Mannometer! Nach den langen Monaten der Angst um meine Gesundheit ist jetzt ein echter, sportlicher Erfolg angesagt! Als ich zur Siegerehrung nach vorne gehe und unter dem Klatschen der Clubmitglieder meinen Preiskarton Bälle in Empfang nehme, freue ich mich wirklich und ehrlich aus ganzem Herzen. Es hat funktioniert!
Da ich ja seit 3 Jahren keinen Golfunterricht mehr nehme, sind alle Fortschritte, alle noch so kleinen Verbesserungen einzig und allein meinem Do-it-yourself-Training in den frühen Morgenstunden zu verdanken und dieser dritte Platz ist für mich eine Bestätigung, dass ich mich mit diesem System der Selbstbeobachtung (The Inner Game) immer noch alleine verbessern kann. Und weiter verbessern werde: Denn (fast) alle verlorenen Punkte der 2 Turniertage hingen mit den kurzen Schlägen am Green zusammen und nicht mit den langen Schlägen oder dem Drive.

Hier ist das Siegerphoto:

 

 

 

 

Als Nebeneffekt habe ich mein HCP auf 22,5 verbessert und muss von den nächsten 3 Schlägen Abschied nehmen. Tschüss 27, welcome 24....

Und dann passierte kaum eine Woche später noch etwas Erstaunliches:

Die Teamchefin der Seniorendamen rief mich an und fragte, ob ich in der Woche drauf am Ligaspiel der Damen teilnehmen wolle. Ich fiel natürlich aus allen Wolken, bekam rote Ohren und freute mich sehr. Natürlich war mir klar, dass die Ladies in der Ferienzeit verzeifelt nach einer Mitspielerin suchten und ich so ziemlich die allerletzte Möglichkeit war, das Team von 8 Damen voll zu kriegen.
Aber egal, ich freute mich einfach.

War das Mitspielen in der Damenmannschaft doch eigentlich am Anfang des Jahres auf Grund meiner schlechten Gesundheit rigoros aus der Liste der Ziele gestrichen worden.....

Es sollte auch eine richtiger "Ausflug" werden. Das Ziel war der Golfclub Schloss Wilkendorf im östlichen Brandenburg. Für eine Einspielrunde zum Kennenlernen des Platzes verabredeten wir uns schon am Vortag. Abends klönten wir nett in einem erstaunlich guten Restaurant und ich übernachtete in einem 5 Kilometer entfernten sehr feinen, kleinen Hotel, dem "Lakeside - Burghotel" in Strausberg. Das ist so eine Art Legoland-Ritterburg. Liebevoll hergerichtet und sehr höflich geführt. Das Entree:

 

 

 

 

Am nächsten Tag durfte ich zum ersten Mal das (geborgte) T-Shirt mit dem Emblem des Golfclub Gatow tragen. Whow!
Da ich ja nicht weiß, ob das jemals wieder passiert, poste ich mal schnell das Beweisphoto:

 

 

 

 

Und zusammen im Flight mit den Damen der Clubs Prenden, Gross Kienitz und Wilkendorf:

 

 

 

 

Für mich war ja alles an so einem "Liga-Tag" vollkommen neu und das Gewusel von über 100 Frauen machte mich schon ziemlich nervös. Dazu kam das Höllenwetter: Brennende Hitze und ein wahnsinniger Wind.... Kurz und gut: Über meinen Score bitte ich den Mantel des Schweigens zu breiten. Egal, ich habe mein Bestes getan und meine Teamkolleginnen Souad und Heidi haben mich trotz der gruseligen Hackerei auf dem Platz nicht an den Katzentisch verbannt.

 

 

 

 

Ich freue mich wirklich sehr, dass ich nach 10 Jahren und vielen Höhen und Tiefen, nun doch als Golfspielerin anerkannt werde und ein (ganz) kleines Bisschen zu der Familie der Golfer "dazu gehöre".....

 

Doch das Leben geht weiter und ich begreife immer mehr, dass der Sport "Golf" im Grunde nichts anderes ist, als die Reinform des alten Märchens "Hase und Igel". Egal, wie sehr du dich verbesserst und egal wie glücklich du darüber bist, am nächsten Morgen nach deinem Erfolg hängt die Latte wieder 3 Zentimeter höher und du fängst wieder an, um diese 3 Zentimeter zu kämpfen. Alle Erfolge der Vergangenheit sind Null und Nichtig und es zählt nur, dass du die neue Hürde nimmst. Vor zwei Jahren hätte ich den Rasen geküsst, wenn mir Schläge wie heute gelungen wären. Aber heute bin ich beleidigt, wenn ein Schlag getoppt oder sonstwie misslungen ist. Meine Vorgabe entschuldigt leider keinen schlechten Schlag mehr und die Chancen, einen oder zwei Striche auf der Scorekarte wieder auszugleichen, sind auch sehr begrenzt. Summasummarum wird das Golferleben immer schwerer, je besser das HCP wird.

 

Aber egal, ich lasse mir die Hoffnung nicht nehmen. Auch in dieser Saison spiele ich im Morgengrauen Runde um Runde alleine und tüftle an den unterschiedlichen Baustellen: Ganz besonders das Putten steht in diesem Jahr auf dem Program. Die langen Transportschläge müssen einfach sicher zum Loch laufen, 3-Putts kosten den Punkt. Leider schleppe ich seit 3 Jahren einen wirklichen Panik-Schlag mit mir herum. DER KURZE PUTT..... ich kriege den kurzen Putt einfach nicht cool und sicher ins Loch. Ich kann mich schier auf den Kopf stellen und übe alle Varianten, die mir nur einfallen. Langsam, schnell, viel Ausholen, wenig Ausholen usw...usw... Immer wieder (und gerade, wenns drauf ankommt) laufen 30 oder 40 Zentimerschläge am Loch vorbei, lippen aus oder springen drüber. Es macht mich wirklich wahnsinnig.

 

Allerdings sehe ich das Phänomen auch bei vielen Mitspielern, was allerdings auch nicht wirklich hilft. Und wie es beim Golf nun mal so ist: Der Schlag, vor dem du Angst hast, misslingt mit absoluter Sicherheit. DIESE Lektion habe ich nun wirklich bis zur letzten Konsequenz gelernt und erinnere mich gut daran, wie furchtbar die Abschläge vor 2 Jahren waren und wie ich am Abschlag innerlich gezittert und dann promt den Ball in den Wald geknallt habe. Und heute? Abschlag interessiert mich Null. Ich stell mich hin und schlag ihn weg. Und nix fliegt in den Wald. Ich bin einfach hundertprozent sicher, dass ich den Schlag kann und dann fliegt er auch brav und ordentlich.

 

Und genau dieses Gefühl fehlt mir beim kurzen Putt. Da hab ich solche Angst, dass das kurze Ding danebenläuft, dass es prompt passiert. Also werter Leser, Sie sehen, die Probleme gehen einem Golfer nie aus und wenn eine Baustelle abgebaut ist, dann öffnet sich drei Ecken weiter eine Neue (Wie auf Deutschlands Strassen....).

 

Im August/September habe ich ein paar Turniere gespielt und meine Pünktchen leider wieder verloren. Aber das Clubleben ist neben den einsamen, morgentlichen Runden auch wichtig und es gehört nun mal dazu, an diesem oder jenem Turnier teilzunehmen. Der Herbst naht und Ende September dies ist wohl das letzte Bild im Sommer-Outfit:

 

 

 

 

 

Doch bevor der Weihnachtsmann vor der Tür steht, fahre ich noch zu meinen Freunden nach Semlin, zur Herbst-Golf-Woche.

 

Natürlich weiß ich, dass ich wegen der längeren Bahnen meine Vorgabe in Semlin niemals spielen kann und auch die 3 zusätzlichen Schläge nicht wirklich helfen werden. Aber - egal. Ich möchte Tino und Thomas wiedersehen und mit den alten Freunden eine Runde spielen. Am letzten Tag der He-Go-Wo spiele ich vorgabewirksam und verhaue die Sache natürlich komplett und beschließe die Saison 2014 endgültig mit einem HCP von 23.0

Hier ist unser Flight und noch ein schönes Bild mit Tino:

 

 

 

 

 

 

Schon wieder geht ein Golfjahr zuende. Meine "eingeforene" Schulter ist im Verlauf der vergangenen Monate durch die unterschiedlichen medizinischen Anwendungen zwar nicht wirklich geheilt worden, doch konnte ich mir irgendwann wieder mein Hemd alleine anziehen und einen flachen Golfschlag durchziehen. Da ich ja meistens mit "Senioren" spiele, gibt es kaum jemanden im Flight (egal ob Männlein oder Weiblein), der (oder die) nicht über Zipperlein, Malässen oder echte Schmerzen auf der Runde erzählt. Das scheint halt die Zukunft zu sein.

 

Ich liebe diesen Sport und ich werde - solange es möglich ist - versuchen, besser zu werden und entsprechend meiner Möglichkeiten auch am Clubleben teilhaben.

Nach 10 intensiven Jahren auf dem Golfplatz verstehe ich heute genug von diesem einzigartigen Sport, um zu wissen, wo meine Schwächen (Länge) liegen und eventuellen Möglichkeiten zur Verbesserung (Kurzes Spiel, Putten) machbar seien könnten. Ich werde nie einen Drive über 180 Meter schlagen und ich werde nie einstellig werden. Aber eine schöne 18 sollte doch als Vorgabe in den nächsten zwei oder drei Jahren möglich sein......

 

 

Und mal wieder ein PS: Heute, am 5.11. habe ich am Abschlag der 10 diese Mohnblumen fotografiert:

 

 

 

 

 

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