Golf Blog Berlin

2005 - es wird ernst:

Im Januar 05 fuhren meine Freundin Ute, der Lehrer Ralf und ich zusammen nach Mallorca in das Haus unseres Freundes Thomas. Die Idee zu dieser Reise war im Laufe eines etwas - zugegeben - trunkenen Spätsommerabends auf der Terrasse in Semlin entstanden: Thomas, Ute, Ralf und ich saßen Ende September an meinem Geburtstag zusammen. Ein Glas folgte dem nächsten - eine Anekdote der nächsten. Am Ende beschlossen die beiden ziemlich angesoffenen Männer:
"Wir sehen uns in Malle im Januar." Beschlossen und verkündet!
Wir würden im Haus von Thomas im Norden Mallorcas wohnen und die Plätze der Umgebung spielen. Ob Ute und ich überhaupt in der Lage wären, internationale Plätze zu spielen?
Egal, ein lauer Spätsommerabend mit 3 oder 4 Flaschen Prosecco lässt alle Probleme verschwinden. Wir buchten die Reise. Und wir fuhren.
Zum ersten Mal auf internationalem Terrain!
Meine Güte, waren wir aufgeregt und konnten kaum das mediterrane - und so gar nicht brandenburgische - Flair der Plätze genießen. Zumal wir Flachlandgolfer die Steigungen nicht gewohnt waren und es kaum schafften, samt den schweren Trolleys lebend die Greens zu erreichen.
Dass es viel einfacher, entspannter, lustiger und luxuriöser wäre, einfach ein Elektroauto zu mieten, sollte ich erst ein Jahr später entdecken und aus ganzem Herzen genießen!
Jetzt wurde erst einmal marschiert!

 

 

 

 

 

 

Unter dem Schutz unseres Professionals Ralf durften wir blutige Anfänger (wenn wir brav das geforderte Greenfee zahlten) auf die Plätze und wir spielten Pula, Capdepera und Canyamel. Vor lauter Aufregung und Stress mit ungeduldig wartenden Nachflights, gehackten und verlorenen Bällen und kaum zu bezwingenden Steigungen, kriegten wir von diesen schönen Plätzen leider wenig bis nichts mit und waren am Ende der Runden jedes Mal heilfroh, die Sache lebend überstanden zu haben und endlich im Clubhaus in die Sessel niedersinken zu können!

 

 

 

 

 

 

Nach drei Tagen beendete leider ein ungewöhnliche Wintereinbruch im Mittelmeerraum unseren Spaß abrupt! Schnee auf Malle!
Wir kamen leider nicht auf die Idee, mal nach Palma zu fahren und im Internetcafe einen Blick auf die Wetterprognosen zu werfen: Ein riesiges Tiefdruckgebiet klebte über den Balearen und wir versäumten es, unseren Flug umzubuchen umzubuchen und hockten 3 Tage total frustriert im eiskalten, kaum heizbaren Haus vor dem Kamin und spielten Rommé bis zum Abwinken. Schade, aber nicht zu ändern - Golf ist nun einmal ein Outdoor-Sport.
Unsere Aussicht von der Terrasse bei Sonne:

 

 

.............und im Schnee:

 

 

 

 

Das zweite Jahr in Semlin begann mit dem gleichen Trainingspensum, wie das Vergangene geendet hatte: Üben, üben und immer weiter üben.
Vom ersten Tag an hatte ich begonnen, bei jeder Runde die Stableford-Punkte zu zählen.
Aber egal, wie perfekt der Drive war oder ob ein wunderbarer Putt 4 Zähler auf die Liste zauberte: Ich schaffte die blöden 36 Punkte nicht! Es war zum Verzweifeln!
Nach mehr als einem Jahr hatte ich immer noch dieses traurige 54er Handicap der PE-Prüfung, das ich ja real noch nicht einmal wirklich spielen konnte! Aufgeben? Nein!
Ralf verpasste mir im Proshop einen wirklich guten Driver und langsam wurden wenigstens die Abschläge vorzeigbar.
Den ganzen Sommer über spielte ich weiter allein meine endlosen Runden und zählte die Schläge, bis endlich - endlich auf der Scorekarte ganz unten die magische 36 stand!
Das erste Turnier schien in greifbarer Nähe!
In Semlin gibt es jeden Freitag ein kleines, vorgabewirksames Turnier, das eigentlich nur von den Mitgliedern frequentiert wird. Für einen erfahrenen Spieler eine Lappalie - für mich ein Ereignis!


Im August 2005 meldete ich mich zum ersten Turnier meiner Golferkarriere an.
Damals wusste ich noch nichts vom Slope der Plätze und der sogenannten "Spielvorgabe" und damit auch nicht, dass der Platz Semlin mit plus 6 gelistet war. Solche Feinheiten bleiben einem Anfänger nun mal einfach verborgen. Das Schicksal meinte es gut und ließ mich das erste Turnier meines Lebens im Flight mit Doris Schulz spielen. Doris ist cirka 70 Jahre alt und die gute Seele des Clubs.
Doch eines lernte ich bei Doris Schulz in Null Komma Nix: "Gute Seele" oder nicht - die Golfregeln gelten auch für blutige Anfänger!
Was war passiert?
Am dritten Loch - einem sehr langen, geraden Par 4 - rollte mein Ball mit dem sechsten Schlag brav zum Loch und blieb aber genau an der Kante hängen und verweigerte, hinein zu plumpsen.
Ich beugte mich herunter, griff den Ball flott auf und sagte laut meine Zahl: "Sieben", so wie ich es von den Runden vorher gewöhnt war.
Doris zischte entrüstet durch die Zähne: "Nicht anfassen...", doch es war zu spät, das Corpus Delicti lag schon nicht mehr an seinem Platz. Auf meinen verwunderten, fragenden Blick wies sie mich mit aller Vehemenz zurecht:
"Da darfst den Ball doch nicht aufheben! Doch nicht im Turnier. Da musst du immer zu Ende spielen. Leider muss ich dir das Loch jetzt streichen ...."
Was sie auch tat.
Vollkommen am Boden zerstört und mit hochrotem Kopf ging ich zu meinem Bag am Greenrand zurück und schwankte heimlich zwischen "dumme, alte Kuh... " und "wie kann dir das bloß passieren?"
Panisch bemüht, keinen Fehler mehr zu machen, wagte ich für den Rest des Spiels kaum noch zu atmen und sagte auch fast kein Wort mehr. Die kaum erträgliche Spannung fiel erst wieder ab, als ich bei der Siegerehrung nach vorne gerufen wurde.
Der 1. Platz!
Und das erste, wirklich und echte eigene Handicap: 48
Dieser Erfolg war wirklich hart erarbeitet!

 

Ein paar Jahre später sollte mir in einem anderen Club beim wöchentlichen Damenturnier eine Lady über den Weg - bzw. in den Flight laufen - die genauso wie ich im Jahr 2005 Handicap 54 hatte, aber im Gegensatz zu mir beim ersten Turnier Jahrtausende davon entfernt war, diese 54 auch zu spielen. Mit bräsiger Ignoranz ließ sie sich von ihren Mitspielerinnen die Regeln erklären und den Score zusammenrechnen. Als ich bemerkte, dass sie nicht mal den Unterschied zwischen einem Par 3 einem Par 4 oder einem Par 5 wusste, sagte ich als ihre Zählerin zu ihr:
"Ingrid, das hat doch eh keinen Zweck. Sag mir einfach eine Zahl ich schreib sie auf und gut ist....."
Daraufhin war sie total beleidigt und ich musste an das Jahr meines ersten Turniers zurückdenken, als ich wochenlang alleine mit zusammengebissenen Zähnen geübt hatte, bis endlich ein Erfolg die Anmeldung zum ersten Turnier auch gerechtfertigt hatte.
Die gute Ingrid ging im Sommer 2009 beim 18-Loch-Damen-Turnier regelmäßig mit 10 bis 12 Punkten vom Platz. Es schien ihr nix auszumachen - ich wäre vor Scham gestorben. Da kann man doch mal wieder sehen, wie unterschiedlich die Menschen sind.....

 

 

Im Herbst 2005 fuhren wir alle noch einmal gemeinsam nach Mallorca.
Ob Ralf sich verpflichtetet fühlte mit mir und Ute - nun wirklich 2 "alten" Ladies - nach Malle zu fahren, oder ob er auch gerne mal Semlin mit den Balearen tauschte - Who knows....

Nun schon etwas erfahrener und spielerprobter konnten wir Canyamel besser und stressfreier genießen und nahmen uns sogar die Zeit, mit Ralf die Steigung zum Pro-Abschlag eines 3er Pars hochzusteigen und fast atemlos zuzusehen, wie er seinen Ball präzise cirka 200 Meter in die Tiefe auf ein unwahrscheinlich kleines Grün inmitten der Sträucher direkt auf das Vorgrün platzierte! Whow!
Ich glaube, dass nur ein Golfspieler diese Leistung nachvollziehen und spüren kann!
Wir spielten Alcanada und lernten während der ersten 9 Löcher den Frust des Brandenburger Flachlandgolfers kennen. Die zweiten 9 Löcher gingen wieder hinaus aus den Bergen und der Blick auf das weite Meer versöhnte mit den frustrierenden Strichen auf der Scorekarte.
Am Abreisetag spielten wir noch die ersten 9 Löcher in Son Vida und waren uns einig, dass es keinen Spaß macht, die Bälle in fremde Appartements zu schlagen. Das zweite Jahr in Semlin am See ging zu Ende.

 

Die erste internationale Reise ganz alleine: Teneriffa

Im Januar 06 stellte ich mich dann der ersten, echten Herausforderung: Mit einem vom Clubmanager geschönten Handicapnachweis fuhr ich nach Teneriffa und spielte 6 Tage lang auf dem Platz Las Americas allein als Frau unter wirklich ausgezeichneten, internationalen Spielern.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als beim Handschlag zum 1.Loch immer wieder mein Sprüchlein zu sagen: "Sorry, please remind my bad handicap. I am not really a good player, but I will respect all rules."
Und weil ich brav nach Stableford spielte und meinen Ball immer regelgerecht aufnahm, um die anderen Spieler nicht aufzuhalten, erreichte ich am ersten Tag bei den ersten 9 Löchern nicht ein einziges mal das Grün!Alle Mitspieler, die ich während dieser 6 Tage traf, hatten kaum ein Handicap über 25, sie tendierten eher gen 10.

Ohne es zu wissen, hatte ich mit dem Hotelzimmer auch ein Elektroauto mitgebucht und war komplett verblüfft, als am ersten Tag ein livrierter Hüne lächelnd an der Rezeption stand und mich über verschlungene Wege in die Tiefgarage führte. Mit wenigen Handgriffen zurrte er das Bag hinten auf dem Wägelchen fest und parkte gekonnt aus. Dann forderte er mich auf, einzusteigen und loszufahren.
WHOW! Das ist ja geil!
Nach einer Schrecksekunde fuhr ich durch das sich automatisch öffnende Palisadentor zum Golfplatz und wähnte mich im Paradies: Grüne Wiesen über sanften Hängen .... kleine Teiche und natürlich Palmen so weit das Auge reichte.... und über allem ein strahlen blauer, kanarischer Himmel! Kann das Leben schöner sein?

Schnell wurde klar, dass ich ohne das vom Hotel bereitgestellten Elektroauto während dieser Tage auf dem bergigen Platz keine Chance gehabt, auch nur ansatzweise mitspielen zu können. bei dem Tempo und der guten Spielstärke der meisten Spieler, wäre ich wahrscheinlich schon am ersten tag komplett gescheitert. Doch mit dem coolen Auto bewegte ich mich so schnell, dass die vielen Hacker und Topper die Mitspieler nicht über Gebühr aufhielten und keine gereizte Stimmung aufkam.
Mit diesem breitreifigen Ding über die Fairways zu kacheln gefiel mir nach einer kleinen Schrecksekunde in der Tiefgarage des Hotels wirklich prima: Das ist echter Luxus!
Und ich liebe Luxus!
Es dauerte noch nicht einmal 10 Minuten und ich fühlte mich in diesem dicken Elektroauto richtig wohl. Die Schläger hinten drauf, Bälle, Tees, Wasser und Pausenbrot auf der Ablage - was konnte mir noch passieren? Nicht mehr abgehetzt mit dem Trolley hinter den anderen Spielern her rennen, sondern supercool mit einem Finger am Lenkrad vorbeifahren, um verlorene Bälle zu suchen.
Einfach Klasse!
Ohne dieses - per Zufall mitgebuchte Elektroauto - wäre meine erste Alleinreise in Sachen Golf wohl sicher im Desaster geendet. Mit dem E-Cart verbrachte ich eine tolle Woche auf einem anspruchsvollen Platz und in einem selten luxuriösen Hotel! Und lernte für alle Zukunft:
Gelaufen wird zu Hause - gefahren wird in den Ferien!
Punkt!

Nach den aufregenden Tagen auf Teneriffa fuhr ich aber mit einer wichtigen Erkenntnis nach Hause: Die von mir so als wohltuend "spießig" gefühlte Etikette des Golfes funktioniert auch im internationalen Konsens. Wer sich entsprechend der internationalen Golfregeln verhält - wird auch dementsprechend akzeptiert. Während dieser 6 Tage hatte ich zum ersten Mal mit vollkommen fremden Menschen aus unterschiedlichen Nationalitäten allein Golf gespielt. Ohne einen Lehrer Ralf und ohne eine Freundin Ute. Ganz allein nur als Tina. Und hatte nicht total versagt......
Euphorisch ohne Ende - motiviert bis in die Fußsohlen fuhr ich nach Hause und freute mich auf die neue Saison in Semlin wie ein Schneekönig.



 

 

 

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