Golf Blog Berlin

2006 - Das Jahr der Turniere:

Es begann mit den Veranstaltungen zu Ostern und ich war ziemlich aufgeregt, endlich nach der langen Winterpause wieder nach Herzenslust spielen zu können. Dieses erste Turnier der Saison war auch sehr aufwendig geplant - mit anschließender Abendveranstaltung, Essen, Tombola und allem Drum und Dran.

Um so größer die Enttäuschung, als kurz vor meiner Startzeit ein Herr samt 12jährigem Sohn zu mir auf das Putting-Green kam und mir selbigen Sprössling als meinen Mitspieler im Turnier vorstelle. Mir fielen die Kinnladen bis zum Anschlag hinunter:
Ich ganz alleine mit einem Kind 5 Stunden da draußen? Kommt gar nicht in Frage! Ich ließ im selben Moment den Putter fallen und marschierte zur Turnierleitung. Ohne sich weiter zu äußern, ob es nun ein Versehen, oder nur der misslungene Versuch war, den hoffnungsvollen jungen Spieler an eine geduldige Flight-Frau zu bringen, wurden die Startzeiten vom Manager verändert. Nur leider war der stolze Vater über meine Aktion so erbost, dass die Atmosphäre samt Abendveranstaltung verdorben war. Kein schöner Anfang.....

 

Doch - es folgte trotzdem ein wunderbarer Sommer mit vielen aufregenden Spielen.
Ich spielte sage und schreibe 18 Turniere, verfehlte am am Ende der Saison das angestrebte Ziel aber doch: Leider wurde es nur eine 38 anstatt der erhofften 36. Warum?
Die Frage ist leicht zu beantworten:
Semlin ist ein wirklich schöner Club und das Hotel eine wunderbare Mischung zwischen Familienunternehmen und hochklassigem Haus.

 

 

 

 

Doch leider hat die Sache einen Pferdefuss: Da alle Mitglieder und Gäste als Paar oder Familie von außerhalb anreisen, gibt es fast keine Einzelspieler, die spontan auf eine Runde gehen.
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass in Semlin leider keine Online-Buchung der Starzeiten möglich und damit ein einfaches von außen "zubuchen" für einen Einzelspieler nicht möglich ist. Nach fast 2 Jahren endlosen Alleingängen stand mir aber nun plötzlich der Sinn nach Mitspielern, Austausch und neuen Erfahrungen.
Ein Clubleben selbst findet leider auch nicht statt, da viele Spieler nach der Runde sofort wieder abreisen oder beim Abendessen halt im Kreis von Freunden und Familien sitzen.


Außer bei dem Warten auf die Siegerehrung nach den Turnieren gibt es keine Möglichkeit, die anderen Mitglieder kennen zu lernen. Schade.
Erst als ich in diesem Sommer anfing, regelmäßig jeden Freitag das Turnier zu spielen und danach mit meinen Flightpartnern zusammen saß, entstanden aber die ersten Kontakte.


In dieser Zeit ereignete sich auch folgende Golf-Anekdote, die mir (fast) bei jeder Siegerehrung in den folgenden Jahren wieder einfiel:
Ich saß auf der Terrasse an einem langen Tisch mit meinen beiden Flight-Partner aus dem gerade absolvierten Turnier und einigen anderen, fremden Spielern. Neben mir saß ein weißhaariger Herr um die Mitte 60, der zum inneren Zirkel des Clubs zu gehören schien.
Einige kleine Bemerkungen flogen hin und her, doch es entwickelte sich kein Gespräch, da das Turnier beendet, alle Spieler im Clubhaus eingelaufen waren und die Siegerehrung begann.
Der Clubmanager verlas die Nettopreise der drei Klassen und kam dann zum Bruttopreis.
Er verkündete: "Erster Platz mit 34 Bruttopunkten für Klaus H. aus dem Golfclub Semlin!"
Frenetisches Klatscher brandete auf und sogar ein paar freudige Kreischer mischten sich unter den Beifall. Es schien an diesem Ergebnis etwas Besonderes zu sein.
Ich fasste mir ein Herz und drehte mich zu dem Herrn neben mir, dessen Name Karl lautete, wie ich in der Zwischenzeit herausgehört hatte und fragte:
"Sagen Sie Karl, können Sie mir den Unterschied zwischen den Brutto und den Nettopunkten erklären?"
Mein unschuldiges, wissbegieriges Lächeln ließ den männlichen Erklär-Bär erwachen und Karl holte tief Luft und begann, die komplizierten Dinge zu erklären. Karl redete von "Netto" und "Brutto", als sollte er vor der UNO für den Weltfrieden referieren. Brav in meiner Rolle als kleines, unwissendes Mädchen, nickte ich alle seine Erklärungen begleitend mit dem Kopf und tat so, als ob ich verstehen würde, wovon er sprach.
Was ich natürlich nicht tat - ich verstand absolut nur Bahnhof.
Als er geendet hatte, fühlte ich mich genötigt, seinen ausschweifenden Erklärungen einen würdigen Abschluss zu geben. Ich nickte mit dem Kopf in Richtung des bejubelten Brutto-Gewinners am Nebentisch und sagte bedächtig:
"Da werde ich aber lange üben müssen, bis mir das gelingt...."
Karl ließ einen Moment verstreichen, legte mir dann freundlich die Hand auf den Arm und sagte wörtlich:
"Madame, DAS werden Sie in Ihrem Leben leider nicht mehr erreichen."
Mir blieb die Spucke weg.
Spinnt der oder was?
Ich war mehr als tödlich beleidigt und suchte bei der ersten Gelegenheit das Weite.
Später am Abend saß ich in meinem Hotelzimmer im Bett und überdachte noch einmal das Geschehene.
Wie war das? Brutto - Netto - Stableford usw......?
Ich versuchte auf einem Blatt Papier meine Gedanken zu ordnen und hinter das Geheimnis zu kommen. Plötzlich öffnete sich der Vorhang der Unwissenheit und mir ging das berühmte Licht auf:
BRUTTO IST GANZ EINFACH DER NACKTE PLATZ! AHA!
Ein Par drei mit drei Schlägen ergibt 2 Punkte, mit vier Schlägen einen Punkt (Brutto) und dann ist Feierabend. Und in dem Moment begriff ich auch plötzlich, das der Gewinner des heutigen Bruttopreises das Turnier quasi in höchster Perfektion gespielt hatte und bis auf 2 Punkte an jedem Loch ein glattes Par erspielt haben musste. WHOW! Das war Profi-Standart und plötzlich begriff ich, was Karl gemeint hatte: DAS würde ich meinem Leben als alte Spätanfängerin nun ganz sicher nicht mehr erreichen. Karl hatte schlicht und einfach nur die Wahrheit gesagt und mir nicht Böses oder Unangemessenes angetan.

Einerseits tat mir das Turnierspsielen gut, andererseits fehlte nun aber die Zeit, konzentriert weiter zu üben.
Bei einer Allein-Runde kann man einen misslungenen Schlag mit verschiedenen Bällen so lange üben, bis er passt. Beim Turnier geht so etwas ja bekanntlich nicht. Und mehr Zeit, als einmal in Woche einen ganzen Tag für das geliebte Hobby zu opfern, hatte ich nun auch nicht.

Die Saison endete im November mit dem Martins-Gans-Turnier bei strömendem, eiskalten Dauerregen mit der Erkenntnis, dass mein "kurzes Spiel" während dieses Sommers zum Verzweifeln schlecht geworden war und ich außerdem auch kein Spielerin für wirkliches Mistwetter bin. Nach dem 9. Loch verabschiedete ich mich mit blamablen 12 Punkten zum ersten Mal während eines Turniers und verkroch mich in die warme Sauna.
 
Doch - es gab ja noch Hoffung: Die Trainingsreise.
Anfang November 2006 fuhren wir in einer kleinen Gruppe mit unserem Trainer Ralf nach Zypern. Es stand tägliches Training und 18 Löcher auf dem Programm. Wir wohnten und spielten in Aphrodite Hills, einer gerade erst eröffneten Anlage in Sichtweite zum Meer.

 

 

 

 

Sehr schön, aber auch wiederum mit Haken und Ösen verziert:
Um die vielen Millionen Baukosten möglichst schnell wieder hereinzuspielen, war der Platz völlig überbucht und der Stressfaktor viel zu hoch, um sich wirklich wohl zu fühlen. Gescheucht von den Marshalls, immer die Timeline im Fenster des Ecarts vor Augen, glichen die Runden mehr einem Wettrennen, denn einem Golfspiel.
Sogar unser Pro konnte die Gruppe nicht davor bewahren, von den emsigen Marshall ein oder sogar zwei Löcher nach vorne gescheucht zu werden. Die 18 Loch wirklich zu spielen gelang mir jedenfalls nur ein einziges Mal.....
Doch - Ralfs Lehrstunden inklusive Aufwärmtraining absolvierten wir natürlich brav:

 

 

 

 

 

 

 

 

Wenn innerhalb einer 6-Tagereise ein "Ruhetag" geplant wird, dann kann ich damit natürlich nichts anfangen. "Ruhen" kann ich auch zu Hause.
Und so hatten Tino, mein Semliner Golfkumpel und ich schon in der Planungsphase lautstark protestiert:
"An dem Tag wollen wir auch spielen."
Ralf buchte uns Abschlagzeiten für den nahe gelegenen Club Secret Valley und mittels Taxi machten wir uns mit unseren Bags im Kofferraum auf den Weg. Auf in unbekanntes Terrain!


Heimlich still und leise verachteten wir die anderen "Warmduscher" der Gruppe natürlich.
Einkaufen?
In Zypern?
Und kein Golf spielen?
Wie langweilig.......
Schon bei der Anfahrt und beim Betreten des alten, im colonialstil verwitterten Clubhauses war klar:
Dieser altehrwürdige, von Bäumen und Pflanzen eingerahmte Platz war mehr nach unserem Geschmack, als die supermoderne Monster-Anlage Aphrodite Hills.
Tinos Männerherz hüpfte begeistert in die Luft, als er im Eingang zur Bar einen verwitterten Schrank entdeckte: Hinter den Glastüren standen Whiskyflaschen. Alter Whisky, sehr alt. Das konnte sogar wir zwei Banausen erkennen. Und jede einzelte Flasche dekorierte ein Messingschild mit den Namen ihres Besitzers:
Colonel Frank Howard
Mr. Sam Fuller
Sgt. L. Miller
Whow!
How english! Dachten wir und liebten den Platz sofort.
Im Gegensatz zu dem Gewusel auf Aphrodite Hills, lang hier beschauliche Ruhe über dem Ganzen und wir packten rundum glücklich unseren Buggy und starteten zum Loch 1.

 

Tino wünschte mir ein schönes Spiel, teete seine Ball auf und platzierte einen wunderbaren Schlag weit nach vorne auf das Fairway.
"Klasse, guter Schlag," lobte ich.
Irgendwo hinter uns im Gebüsch räusperte sich jemand laut:
"Ähhh.... Ähem....."
Wie auf Kommando drehten wir uns um.
Ein kleiner, sehr wettergegerbter Zypriot trat aus der dicht verwachsenen Vegetation zu uns auf den Platz um die Abschläge und blickte schrecklich frustriert aus der Wäsche, als ob ihn ein unerträgliches Bauchgrimmen quälen würde. Tino und ich blickten fragend zurück.
Und bevor wir erforschen konnten, was denn sein Begehr wäre (die Abschlagzeit konnten wir ihm nicht geklaut haben, denn er hatte keinerlei Golfutensil in der Hand) druckste er, offensichtlich nur unter äußersten Qualen hervor:
"Sorry Gentleman," - Frauen und Hunde existieren ja in der englischen Golfwelt nicht, wie wir alle wissen -
"I am very sorry, but I have to inform you, that these teeboxes are allowed only for our members..."
Wir zwei dusseligen Deutschen kuckten uns blöde um. Gelbe Abschläge, blaue Abschläge, weiße und rote.......
Daran hatten wir natürlich keinen Gedanken verschwendet. Warum auch?
Tino hatte - ohne nachzudenken, ist ja klar - den zweiten Männerabschlag benutzt, der da war. Wie immer. Der hinterste ist ja sowieso immer für die "Professionals".
Oh du meine Güte!
Es gab private Abschläge für die Mitglieder! Wie oberpeinlich......
Wir entschuldigten uns gegenüber dem Bewahrer der Abschläge unter mehrfachen Verbeugen und entsprechend devoter Körperhaltung: "Sorry, we did not know..."
Mimisch überzeugte ich mich natürlich auch noch davon, dass mein Abschlag nun zwischen den roten Markierungen dem richtigen Prozedere entsprechen würde und versemmelte den Schlag natürlich prompt irgendwo in die Wicken.
"Lass uns abhauen...", zischte ich Tino zu und wir entfleuchten mit unsrem E-Cart den kleinen Weg hinunter in Richtung Fairway.
Eigene Abschläge exklusiv für die Mitglieder!
Whow!
Nachdem wir uns von der Blamage erholt hatten, genossen wir den wunderbaren Platz.
Sehr enge Fairways mit einer exotische vielfältigen Vegetation rechts und links, wie ich es vorher noch nie gesehen hatte. Und zum ersten Mal begegnete mir auch das Phänomen der "Glocke" am Green:
Um dem nachfolgenden Flight jenseits eines nicht zu überschauenden Hügels das akustische Zeichen zu geben:
"Green ist frei", musste der Spieler auf dem Weg zum nächsten Abschlag den Klöppel einer großen Glocke schlagen. Das laute, durchdringende "Bumm ... Bummm" klang tief und ehrwürdig über den Golfplatz.

Tino kämpfte natürlich ein bisschen mit den engen Fairways und kloppte den einen oder anderen Ball weit in die Landschaft jenseits der Bahnen. Egal. Wir hatten Spaß und fühlten uns abends bei der Rückkehr ins Hotel wie die heimlichen Eroberer Welt.

 

 

 

 

 

 

Doch leider erlebte mein "kurzes Spiel" während dieser Reise kein nennenswertes Comeback, obwohl Ralf mir sogar ein neues Lopwatch zu Verfügung stellte. Während die langen Schläge mit dem Holz 3 langsam nicht nur Weite sondern auch Richtung zeigten, vermasselte ich alles was um und unter der 50 Metergrenze lag.
Getoppt, getoppt und noch mal getoppt.
Zum Heulen......

Wir fuhren aber doch fröhlich und entspannt wieder nach Hause.
Ich besonders, denn in disem Winter standen ja sogar noch 2 Reisen auf dem Programm!

 

 

 

 

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